Nachdenken über eine andere DDR

Film und Diskussion

Nachdenken über eine andere DDR

Visionen von Bürgerbewegungen, Kirche und CDU am Abend des Mauerfalls

Tagungsnr.
24192
Von: 17.10.2024 18:00
Bis: 17.10.2024 21:00
Französische Friedrichstadtkirche
Blick in den voll besetzten Saal der Französischen Friedrichstadtkirche bei der Veranstaltung am 17.10.1989

© ARD / Reproduktion: Christian Walther | Diskussion in der Französischen Friedrichstadtkirche am 9. November 1989

35 Jahre war es im Archiv verschwunden, jetzt ist es wieder aufgetaucht: Fernsehmaterial von einer Debatte am Abend des Mauerfalls in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin. „Die Kirchen, die Parteien und die Zukunft dieses Landes“ lautete der Titel dieser Diskussion – es war die letzte, bei der es um Visionen einer anderen DDR ging, bevor die Mauer fiel. Wir zeigen den Film und laden zum Gespräch darüber ein.

Inhalt

Mit uns diskutieren einige, die am 9. November 1989 in der Französischen Friedrichstadtkirche dabei waren: die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, der damalige Superintendent in Pankow Werner Krätschell, der evangelische Pfarrer und Gründer der Sozialdemokratischen Partei in der DDR (SDP) Konrad Elmer sowie Joachim Heise, damals Historiker an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED. Teilnehmen wird außerdem Marianne Birthler, ehemals Vertreterin der Initiative Frieden und Menschenrechte und später Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen. Moderiert wird das Gespräch von Robert Ide, Autor des Tagesspiegel.

Die Diskutanten am 9. November 1989 waren zusammengekommen, ohne von Günter Schabowskis Worten zum neuen DDR-Reisegesetz („Nach meiner Kenntnis ist das sofort, unverzüglich.“), geschweige denn von deren Tragweite zu wissen. Manfred Stolpe, damals noch parteilos und hauptberuflich in der Leitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, hatte im Oktober die Initiative ergriffen. Anwesend waren Vertreter*innen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), der CDU und der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD), aber auch Repräsentierende der neuen Oppositionsgruppen und Parteien, beispielsweise des Demokratischen Aufbruchs, der SDP, dem Neuen Forum und von Demokratie Jetzt. Die Kirche war brechend voll.

Stolpe stellte zunächst „die Frage nach der Gerechtigkeit im Lande. Da steckt nach unserer Überzeugung die Frage nach dem Zukunftsmodell einer DDR drin, da steckt die Frage Sozialismus: Fragezeichen oder Ausrufungszeichen? mit drin.“

Die Kirchenleute im Saal, darunter auch Lothar de Maizière und Werner Krätschell, verfolgten keine gemeinsame Linie. Und die Pastoren Rainer Eppelmann und Konrad Elmer sprachen nicht für die Kirche, sondern für die von ihnen gerade mitgegründeten, aber im SED-Staat nicht anerkannten Parteien Demokratischer Aufbruch und SDP.

Lothar de Maizière, Spross einer alten Berliner Hugenottenfamilie, war auf dem Sprung in die Politik. Er war von den an diesem Abend zahlreich anwesenden CDU-Reformern nur Stunden zuvor in der Französichen Friedrichstadtkirche zum Kandidaten für den CDU-Vorsitz gekürt worden. Die Partei insgesamt war sich aber nicht einig im Blick auf die Zukunft des Sozialismus.

Der Film zeigt: Die Diskutanten waren sich in vielem herzlich uneinig. Der Filmregisseur Konrad Weiß forderte für Demokratie Jetzt eine „solidarischere Gesellschaft“; für das Neue Forum ergriff der Bürgerrechtler Klaus Wolfram das Wort, während für die neu gegründete SDP neben Konrad Elmer auch deren Geschäftsführer Thomas Krüger sprach. Horst Dohle vom Staatssekretariat für Kirchenfragen trug SED-Perspektiven auf die Zukunft der DDR vor, während Lutz Hoyer von der LDPD die Änderung des Artikels 1 der DDR-Verfassung sowie ein neues Wahlgesetz forderte.

Trotz aller Uneinigkeit war klar, dass es an diesem Abend eine gemeinsame Grundlage gab: den Fortbestand der DDR.

Im Anschluss an die Diskussion zum Film besteht die Möglichkeit zu vertiefenden Gesprächen bei Wein und Gebäck.

Programm

18:00 Uhr Begrüßung

Dr. Friederike Krippner, Direktorin der Evangelischen Akademie zu Berlin

Carmen Herzog, Leitung Programmlinie Demokratie und Gesellschaft

Heinrich-Böll-Stiftung

Christoph Landré, Secrétaire Französische Gemeinde

18:15 Uhr Einführung 

Christoph Wunnicke, Historiker, Autor

18:30 Uhr Film

18:50 Uhr Podiumsgespräch

Mit:

Christine Lieberknecht, thüringische Ministerpräsidentin a. D.

Marianne Birthler, ehem. Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen

Dr. Werner Krätschell, ehem. Superintendent in Pankow

Dr. Joachim Heise, Historiker

Dr. Konrad Elmer-Herzig, Pfarrer

Moderation:

Robert Ide, Autor und Journalist, Tagesspiegel

20:30 Uhr Empfang und Diskussion

21:00 Uhr Ende der Veranstaltung

Ort und Anreise

Französische Friedrichstadtkirche
Gendarmenmarkt 5
10117 Berlin

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Leitung

Heinz-Joachim Lohmann

Stellvertretender Direktor und Studienleiter für Demokratische Kultur und Kirche im ländlichen Raum

Telefon (030) 203 55 - 510

Organisation

Claudia Gust 2021

Claudia Gust

Sekretariat Akademieleitung, Veranstaltungsorganisation

Telefon (030) 203 55 – 506

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