Das Erstarken demokratie- und menschenfeindlicher Positionen in der Gesellschaft zeigt, dass der Flüchtlingsschutz nicht nur politisch infrage gestellt, sondern teils offen angegriffen wird. Verschiedene politische Kräfte versuchen, geflüchtete Menschen mit Zwang aus Deutschland und Europa zu entfernen und ihnen einem menschenrechtskonformen Schutz vorzuenthalten. Zivilgesellschaft, Kirche und demokratische politische Akteur*innen müssen daher mehr denn je zusammenstehen und für einen menschenwürdigen Schutz Geflüchteter eintreten. Denn Flüchtlingsschutz gehört zum Kern der pluralistischen Gesellschaft.
Was können wir aktuell tun, um den Flüchtlings- und Menschenrechtsschutz gegen Angriffe antidemokratischer Kräfte hochzuhalten? Wie lässt sich Rassismus und Menschenfeindlichkeit in Deutschland und Europa nachhaltig begegnen? Das Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz ist seit vielen Jahren ein wichtiger demokratischer Diskursraum, um rechtliche und politische Entwicklungen auf europäischer und auf deutscher Ebene zwischen Zivilgesellschaft, Politik und Behörden zu verhandeln und mit starker Stimme für eine menschenwürdige Aufnahme geflüchteter Menschen einzutreten.
Die Teilnahme ist kostenpflichtig. Weitere Informationen finden Sie unter Details und Anmeldung.
PROGRAMM
Montag, 24. Juni 2024
8:00 Uhr Ankommen
9:30 Uhr Begrüßung
Dr. Friederike Krippner, Direktorin der Evangelischen Akademie zu Berlin
9:35 Uhr Eröffnungsrede
Dr. Julia Duchrow, Generalsekretärin Amnesty International Deutschland
9:50 Uhr Rahmenmoderation
Dr. Max Oliver Schmidt, Studienleiter Evangelische Akademie zu Berlin
10:00 Uhr Keynote
Prof.in Dr. Donatella Di Cesare, Sapienza Università di Roma
10:30 Uhr Drittstaaten"Lösungen" - eine rechtliche Einordnung
Prof.in Dr. Pauline Endres de Oliveira, Humboldt Universität zu Berlin
11:00 Uhr Illegal and Unworkable? The Phantom of Externalising Asylum Procedures
Matteo de Bellis, Researcher, Amnesty International
Bernd Krösser, Staatssekretär bei der Bundesministerin für Inneres und Heimat
Dr. Alberto Pasquero, Rechtsanwalt, Associazione per gli Studi Giuridici sull'Immigrazione
Erida Skëndaj, Executive Director Albanian Helsinki Committee
Moderation: Kerstin Becker, Abteilungsleitung Migration und internationale Kooperation, Der Paritätische Gesamtverband
12:15 Uhr Mittagessen
14:15 Uhr Europa nach der Wahl
Karl Kopp, Geschäftsführer, PRO ASYL
Catherine Woollard, Director, European Council on Refugees and Exiles
Moderation: Inga Matthes, Referentin für Flucht und Asyl, Deutsches Rotes Kreuz
15:00 Uhr Strategien des Flüchtlingsschutzes unter staatlich-gesellschaftlicher Repression
Anna Alboth, Journalistin und Mitinitiatorin der Grupa Granica
Anikó Bakonyi, Direktorin des Refugee Programme, Hungarian Helsinki Comittee
Marie Naass, Leiterin der politischen Öffentlichkeitsarbeit, Sea-Watch e.V.
Sultana Sediqi, politische Aktivistin, Jugendliche ohne Grenzen Thüringen
Moderation: Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin PRO ASYL
16:30 Uhr Rahmenmoderation und Zugang in die Arbeitsforen
1. Das neue Rückführungsbesserungsgesetz und die aktuelle Abschiebepraxis
Informationen folgen
2. Umsetzung der EU-Asylrechtsreform - was verändert sich für die Asylrechtsberatung in Deutschland?
Im Juni 2024 wird die Kommission ihren Umsetzungsplan für die GEAS-Reform finalisieren und öffentlich vorstellen. Die Mitgliedstaaten sind ihrerseits gehalten, bis Ende 2024 nationale Umsetzungspläne zu erarbeiten. Das Arbeitsforum soll Beratenden und Rechtsanwält*innen einen ersten Überblick über den Prozess der Implementierung auf deutscher Ebene geben. Dabei sollen Umsetzungsspielräume, mögliche gesetzliche Änderungen im deutschen Aufenthaltsrecht und die Auswirkung der Reform auf die Beratungspraxis in Deutschland beleuchtet werden.
3. Strategien gegen soziale Ausgrenzung durch Bezahlkarte und AsylbLG
Informationen folgen
4. Ungesehen und unterversorgt: Wie können Identifizierung und Versorgung von Geflüchteten mit Behinderung verbessert werden?
Geflüchtete Menschen mit Behinderung erhalten in Deutschland oft nicht die Unterstützung, die ihnen nach der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zusteht. Ihre Schutz- und Unterstützungsbedarfe werden nicht systematisch und flächendeckend identifiziert. Ihr Zugang zu notwendigen Leistungen ist durch das AsylbLG und die Einschränkungen des SGB IX massiv erschwert. In diesem Arbeitsforum soll die aktuelle Lebenssituation von geflüchteten Menschen mit Behinderung näher beleuchtet und darüber diskutiert werden, wie die Identifizierung ihrer Bedarfe und vor allem ihre bedarfsgerechte Versorgung besser gelingen kann.
5. Familiennachzug im Fokus: Praxis und Herausforderung
Das Recht auf Familienleben und der Grundsatz der Familieneinheit sind im Kontext von Flucht von besonderer Bedeutung. Für Flüchtlinge und ihre Angehörigen ist der Familiennachzug dabei ein wichtiger und sicherer Weg, um konflikt- oder fluchtbedingte Familientrennungen zu überwinden. In der Praxis sehen sich Flüchtlinge und ihre Angehörigen mit einer Vielzahl von administrativen und praktischen Hürden konfrontiert, welche die Familienzusammenführung in Deutschland verzögern und teilweise auch verhindern. Gleichzeitig stellen die große Zahl von Anträgen zur Familienzusammenführung sowie die schwierige Situation in den Herkunfts- und Erstaufnahmestaaten die Behörden bei der Bearbeitung vor große Herausforderungen. In dem Forum sollen insbesondere am Beispiel von eritreischen und afghanischen Schutzberechtigten näher beleuchtet werden, wie die Verfahren in der Praxis funktionieren, wo aktuell Hürden beim Zugang und bei der Durchführung von Familiennachzugsverfahren für die Betroffenen und die zuständigen Behörden liegen und welche „good practices“ es gibt, mit denen die Verfahrensabläufe noch effizienter gestaltet werden könnten.
6. Asylverfahren von Kurd*innen aus der Türkei in Deutschland
Die Türkei rangiert unter den Top 3 der Herkunftsländer von Asylsuchenden in Deutschland, besonders im Jahr 2022 und 2023 stiegen die Asylantragszahlen aus dem EU-Nachbarland enorm an. Spätestens seit dem Putschversuch 2016 wird dem Land eine autokratisch Wende attestiert, Berichte von Menschenrechtsorganisationen zeigen die Verfolgung der politischen Opposition, freier Journalist*innen und von Minderheiten auf. Dennoch sinkt die Anerkennungsquote stetig, aktuell liegt die bereinigte Schutzquote bei nur 11,5% (Stand März 2024). Ein Hauptfaktor dafür ist, dass der überwiegende Anteil der in Deutschland schutzsuchenden Menschen eine kurdische Volkszugehörigkeit angibt deren Schutzquote seit Jahren niedrig ist.
Das Forum setzt sich mit den Asylverfahren von Kurd*innen aus der Türkei auseinandersetzen und möchte die Gründe für die geringe Schutzquoten von Kurd*innen aus der Türkei, sowie Herausforderungen der Antragsstellenden im deutschen Asylverfahren beleuchten.
18:30 Uhr Abendessen/Gespräche open End
Dienstag, 25. Juni 2024
9:45 Uhr Grußwort
Dr. Anne Gidion, Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union
10:00 Uhr Keynote
Stephan Anpalagan, Journalist und Autor der Studie „Kampf und Sehnsucht in der Mitte der Gesellschaft“, Demokratie in Arbeit e.V.
10:30 Uhr Zwischen Rassismus und Vielfalt: Handlungsoptionen zur Verteidigung einer offenen Gesellschaft
Tareq Alaows, Mitbegründer von Hand-in-Hand, #WirSindDieBrandmauer
Dr. Jens Hellmann, Universität Bielefeld und Mit-Autor der Studie „Die distanzierte Mitte“
Christian Jakob, Redakteur taz
Andreas Pfeiffer, Oberbürgermeister Senftenberg (CDU)
Filz Polat, MdB und Parlamentarische Geschäftsführerin, (Bündnis 90/Die Grünen)
Moderation: Sophia Eckert, Referentin politische Arbeit Crossroads, Handicap International
11:30 Uhr Kaffeepause mit Imbiss
12:30 Uhr Der Wert des Asylverfahrens
u.a. mit Dr. Michael Griesbeck, Vizepräsident, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Moderation: Roland Bank, Leiter der Rechtsschutzabteilung, UNHCR
13:30 Uhr Keynote
Reem Alabali-Radovan, Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration
14:00 Uhr Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik – Anspruch und Wirklichkeit?
Pegah Edalatian, Bündnis 90/Die Grünen
Saskia Esken, SPD (angefragt)
Christian Lindner, FDP (angefragt)
N.N., CDU (angefragt)
Janine Wissler, Die Linke
Moderation: Nele Allenberg, Leitung Abteilung Menschenrechtspolitik Inland/Europa, Deutsches Institut für Menschenrechte
15:30 Uhr Ende
Änderungen des Programmablaufs vorbehalten.