Geschichte
Die Evangelische Akademie zu Berlin besteht in ihrer heutigen Form seit dem 12. September 1999. Dennoch steht sie in einer Tradition, die bis 1949 zurückreicht. Zwischenzeitlich gab es im geteilten Berlin sogar zwei Evangelische Akademien.
Die erste Evangelische Akademie in Deutschland wurde im Herbst 1945 in Bad Boll gegründet. Es folgten weitere Gründungen in einigen Landeskirchen, so in Loccum, Tutzing und Arnoldshain. Im viergeteilten Berlin kam es erst 1951 zur offiziellen Gründung der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg. Gründer und erster Leiter war der Historiker Dr. Erich Müller-Gangloff.
Das erste Büro dieser Akademie befand sich in Weißensee, schon zwei Jahre später gab es zwei kleine Büros in der Stadt, eines in der Friedrichsgracht (Mitte), das andere im Konsistorium in der Jebensstraße (Charlottenburg). Die Akademie stand von Anfang an thematisch im Spannungsfeld zwischen Ost und West.
Nach der Teilung der Stadt durch den Mauerbau 1961 behielt die "Ost-Akademie" den Namen Evangelische Akademie Berlin-Brandenburg, während die "West-Akademie" zunächst selbständig und von 1977 an als ein Teil des Evangelischen Bildungswerkes unter dem Namen Evangelische Akademie Berlin (West) weiterarbeitete.
Thematisch setzte sich die Akademie von Anfang an mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen auseinander. Wichtig war auch die Beschäftigung mit dem Widerstand gegen den NS-Staat. Direktor Müller-Gangloff prägte das Wort von der „unbewältigten Vergangenheit“. Für den Westen stand an erster Stelle und durchgängig der Dialog mit den östlichen Nachbarn, der Dialog mit Israel sowie das aufkommende christlich-jüdische Gespräch.
Die Evangelische Akademie Berlin (West) nahm Arbeitsformen einer teilnehmerorientierten Stadtakademie auf. Wichtige Tagungen fanden zu Fragen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus und zum christlich-jüdischen wie zum interreligiösen Dialog statt - ebenso zur Deutschen Teilung, zur Situation Berlins, zu Osteuropa und zu sozialpolitischen und wirtschaftsethischen Fragen.
Die „Ost-Akademie“ wurde zu einem wichtigen Forum innerhalb des Spannungsfelds von Kirche und DDR-Gesellschaft. Der Haupttagungsort war die Stephanus-Stiftung in Weißensee. Den Leiter*innen, insbesondere Elisabeth Adler, gelang es, in einer Balance zwischen staatlicher Kontrolle und kirchlichem Auftrag einen wichtigen Ort freier Diskussion zu erhalten. Etwas Besonderes waren die Tagungen mit Schriftsteller*innen aus Ost und West.
Tagungen der Ostberliner Akademie fanden in der damaligen Adolf-Stöcker-Stiftung - heute Stephanus-Stiftung - und in Gemeinderäumen auf dem brandenburgischen Lande statt.
Das Tagungshaus am Kleinen Wannsee wurde um 1954 mit Mitteln der Berliner Zahlenlotterie erworben. Dort fanden auch zehntägige Freizeiten statt, mit Teilnehmer*innen aus dem Osten, der Rheinischen Kirche und auch aus den Niederlanden. Später wurde das Tagungshaus nach dem Widerstandskämpfer Adam von Trott benannt, nachdem das gleichnamige Studentenwohnheim aufgegeben worden war.
Nach 1989 begann ein Einigungsprozess beider Akademien, der 1993 zum Abschluss kam. Der Prozess des Zusammenwachsens dauerte indes noch einige Jahre an. Gleichzeitig mit dem Umzug der Regierung nach Berlin wurde 1999 die Rechtsform der Akademie in eine gemeinnützige GmbH verändert. War bisher die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg (EKiBB) Trägerin gewesen, trat nun die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) als zweite Gesellschafterin hinzu. Die Tagungsstätte am Kleinen Wannsee zog in das Haus Schwanenwerder / Adam-von-Trott-Haus auf der Havelinsel Schwanenwerder um. Als innerstädtische Tagungsstätte dient seitdem die Französische Friedrichstadtkirche auf dem Gendarmenmarkt.
Erster Präsident als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung war seit 1999 der Publizist Robert Leicht. 2009 folgte ihm der Historiker Paul Nolte in diesem Ehrenamt. 2022 übernahm die Designforscherin Gesche Joost den Vorsitz der Gesellschafterversammlung.
Eine Gesamtdarstellung der Geschichte über die Evangelische Akademiearbeit in Berlin und Brandenburg ist noch nicht geschrieben. Aber in dem Buch "Mitöffentlichkeit: Zur deutsch-deutschen Arbeit der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg" hat der Historiker Dr. Peter Paul Schwarz.die Geschichte der Arbeit der Akademie von ihrer Gründung 1951 bis zum Anfang der 1980er Jahre beleuchtet. Im Jahr 2019 ist außerdem "An der Nahtstelle" erschienen, die Publikation der Historikerin Anke Silomon, die die Geschichte der Evangelischen Akademie in Berlin und Brandenburg von der Nachkriegszeit bis zur Gründung der heutigen Institution im Jahr 1999 untersucht hat.