„Sie hat die Akademie maßgeblich geprägt“
Verabschiedung von Dr. Erika Godel am 18. November 2013
Abschied von Dr. Erika Godel: Nach zehn Jahren an der Evangelischen Akademie wird die Studienleiterin und stellvertretende Direktorin Ende November in den Ruhestand gehen. Am 18. November 2013 fand ihre feierliche Verabschiedung statt, an der unter anderen der Präsident der Akademie, Professor Dr. Paul Nolte, der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende, Bischof i.R. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Huber, Prälat i.R. Dr. Stephan Reimers sowie der stellvertretende Generalsekretär der DITIB, Dr. Bekir Alboga, mitwirkten.
„Sie hat genau ein Jahrzehnt dieser Akademie mit geprägt, durch zahllose Tagungen, als stellvertretende Leiterin und als wichtige Gesprächspartnerin, Beraterin und Begleiterin von Präsident, Direktor und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, würdigte Rüdiger Sachau Erika Godel in seiner Begrüßung in der Französischen Friedrichstadtkirche. Er erinnerte an die vielfach wütenden Reaktionen auf die im Jahr 1989 publizierte Überlegung Godels, dass der Heilige Geist „eigentlich eine Geistin sei und als das weibliche Moment in Gott zu verstehen“. Dass die Versuche, die Einführung der damals frisch gewählten Superintendentin zu verhindern, fehlschlugen, dass heute „die Rede von der Heiligen Geistin beinahe normal und etabliert“ sei, habe Godel aber „nicht als persönlichen Sieg oder einen der vermeintlich besseren feministischen Theologie gesehen, sondern als einen gemeinsamen Lernvorgang“. Dass sie den Begriff der Geistin im Folgenden kaum verwendet habe, sei Ausdruck einer typischen Spannung zwischen großer Ernsthaftigkeit und großer Freiheit der Theologin.
„Zwei Dinge stechen für mich besonders heraus, wenn ich über Erika Godel nachdenke“, sagte der Präsident der Akademie, Paul Nolte, in seiner Dankesrede. Er hob erstens das tief empfundene soziale Engagement der ehemaligen Studienleiterin hervor. „Erika Godel hat sich nicht nur den Schattenseiten der modernen Gesellschaft in christlicher Verantwortung gestellt, hat sich nicht nur immer zuerst den Schwachen zugewandt“; betonte er. Sie habe dies in einem besonderen großstädtischen, Berliner Kontext getan.
Ob als Gefängnispfarrerin, als Superintendentin oder Studienleiterin; Erika Godel sei zweitens immer zuallererst Theologin gewesen, so Nolte weiter, „angetrieben von der Frage nach dem Verhältnis Gottes zu den Menschen, und sich mit den herkömmlichen Antworten nicht zufrieden gebend“. Dies gelte für den Interreligiösen Dialog, für die Ökumene, für den christlich-jüdischen Dialog und für das Gespräch zwischen Christen und Muslimen. Dabei habe Godel „Brücken gebaut, ohne ihre christliche, ohne ihre evangelische Position im mindesten zweifelhaft werden zu lassen“, würdigte Nolte das Engagement der ehemaligen Studienleiterin, die er als „beständige Kritikerin des schönen Scheins“ und als „Feindin des Vorurteils“ bezeichnete. Nolte versprach: „Wir werden Ihre Themen, Ihre Akzente und, ja, auch Ihren Stil in Zukunft weiter zu pflegen versuchen“.
Den beruflichen Werdegang Godels im Blick auf ihr „Lebensthema“, der feministischen Theologie, zeichnete der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD Wolfgang Huber in seiner Laudatio nach. Die ehemalige Studienleiterin habe „die Gegenrede in ihrer besten Form“ präsentiert, „so, dass sie immer weiterführte“; auch sei Godel neuen Aufgaben in Krisenzeiten nicht ausgewichen, betonte Huber. Dies sei typisch für die Theologin gewesen, die darauf hingewiesen habe, „dass es Frauen waren, die nicht flohen, sondern am Ostersonntag in das Grab hineingingen, weil der verschwundene Jesus für sie nicht tot war.“ Nicht zu flüchten, sondern standzuhalten müsse nicht auf Frauen beschränkt sein, so der Bischof, aber „dass Erika Godel darin ein Vorbild ist möchte ich heute herausstellen – mit großem Dank und zugleich mit herzlichen Segenswünschen für alles, was kommt“.
Im Anschluss entfaltete der ehemalige Bevollmächtigte des Rates der EKD, Prälat Dr. Stephan Reimers, Gedanken zum christlich-jüdischen Gespräch, das Erika Godel stets am Herzen gelegen hatte. Er legte dar, wie dieser Dialog in der Betroffenheit der frühen Nachkriegsjahre begann; „Träger und Entwickler des Dialogs wurden die Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit und die evangelischen und katholischen Akademien“. Die Beschäftigung mit der Shoa sei auch nach dem Historikerstreit der achtziger Jahre nicht abgebrochen. „Die öffentliche Wahrnehmung des 75. Jahrestages des Novemberpogroms war ein deutliches Zeichen dafür.“
Gemeinsam unternahmen Präsidentin i.R. Dr. Frauke Hansen-Dix, Kirchenrätin Susanne Kahl-Passoth und Pfarrerin Angelika Obert einen Rück- und Ausblick auf das Wirken von Erika Godel. Im anschließenden Gottesdienst wurde Erika Godel als Pfarrerin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz von Pröpstin Friederike von Kirchbach entpflichtet. In ihrer Predigt über den Bibelvers „Wer die Hand an den Pflug legt und nach hinten blickt, ist nicht geeignet für das Reich Gottes“ (Lukas 9,62) rief Godel die Versammelten auf, „nach vorn“ zu schauen: „Habt das große Ziel vor Augen, das Reich Gottes genannt wird. Erkennt das Feld der Möglichkeiten, die vor euch liegen“. Es gehe nicht darum, die Bewegung hin zum Reich Gottes anzuführen, betonte die ehemalige Studienleiterin. „Es reicht vollkommen aus, immer und überall bei unserer Sache zu bleiben, das heißt beim Evangelium.“ Das müsse in Wort und Tat gelebt werden, „und zwar so, dass anderen der Unterschied ins Auge springt“. Wichtig sei die Wahrhaftigkeit Lebens, so Godel weiter. „Wenn wir die Armut nur immer heraufbeschwören, ohne den Armen etwas von dem, was wir ausreichend haben, abzugeben, dann bleiben unsere Nachfolgeabsichten unkenntlich.“ Nötig seien „immer neue, phantasievolle Alltagsinszenierungen der gelebten Hoffnung und Ausrichtung auf das Reich Gottes“.
Dr. Erika Godel war seit November 2003 bei der Evangelischen Akademie tätig. Zuvor hatte sie als Beauftragte der Landeskirche an der Gestaltung des ersten Ökumenischen Kirchentags mitgewirkt. Bis 2006 arbeitete sie außerdem als Lehrbeauftragte für Systematische Theologie an der Freien Universität Berlin. 1989 bis 2001 war sie Superintendentin des Kirchenkreises Berlin-Wedding, nachdem sie zwischen 1977 und 1986 Gefängnispfarrerin in der Frauenhaftanstalt Lehrter Straße und in der Untersuchungsanstalt Moabit tätig war.
Zum Download
Die Dankesrede von Präsident Paul Nolte (PDF-Dokument, 86.3 KB)
Die Laudatio von Bischof i.R. Wolfgang Huber (PDF-Dokument, 86 KB)
Den Vortrag von Prälat i.R. Stephan Reimers (PDF-Dokument, 96.8 KB)
Die Predigt von Erika Godel (PDF-Dokument, 101.1 KB)
Der ehemalige Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin Robert Leicht hat Erika Godel in einem Porträt in der Zeitung "Die Kirche" gewürdigt. Zum Artikel
Erschienen am 11.02.2014
Aktualisiert am 24.04.2014