Kirchliche Verantwortung für den ländlichen Raum
Bericht „Bebauen und Bewahren“
Landgrabbing: eigentlich ein Begriff aus der Entwicklungspolitik. Mit Brandenburg wird er jedenfalls kaum in Verbindung gebracht. Dabei ist die steigende ökonomische Bedeutung der Böden ist kein Phänomen, das nur Entwicklungsländer beträfe. Auch in unserem Umfeld sind in den letzten Jahren die Preise und Pachten von Äckern teils dramatisch gestiegen. Die Fachtagung „Bebauen und Bewahren – die Kirchengemeinden und ihr Land“ am 2. September hat sich dieser Thematik angenommen. Ein Bericht von Dr. Patrick Roger Schnabel.
Das Thema Ackerland eignet sich hervorragend, um die globale Vernetzung der Wirtschaft und auch die daraus resultierenden Probleme („Globalisierung“) darzustellen. Bäuerliche Betriebe, die auf Nahrungsmittelproduktion ausgerichtet sind, können angesichts dauerhaft niedriger Lebensmittelpreise in Deutschland kaum mithalten, wenn internationale Großkonzerne Land ankaufen oder pachten, um Grundstoffe für die Bioenergiegewinnung zu produzieren. Diese Entwicklung war der Anlass für die Veranstaltung, die die regionale und die internationale Problematik zueinander in Verbindung setzen und dezidiert nach den Einflussmöglichkeiten der Kirchengemeinden fragen sollte, die gerade im ländlichen Raum - traditionell und heute wieder in steigendem Maß - finanziell vom Land abhängen. Organisiert wurde die Fachtagung vom Kirchlichen Entwicklungsdienst zusammen mit dem Konsistorium der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Brot für die Welt und der Evangelischen Akademie zu Berlin.
Den Auftakt machte ein theologischer Impuls von Bischof Dr. Markus Dröge, der von dem biblischen Auftrag aus der Genesis ausging, der Mensch solle die Erde „bebauen und bewahren“. Hieraus entwickelte er einen schöpfungstheologischen und verantwortungsethischen Anspruch, eine nachhaltige und an den Bedürfnissen der Armen orientierte Landwirtschaft zu fördern. Im Anschluss stellte Frau Professor Dr. Claudia Warning anhand einiger Länderbeispiele die tragischen Folgen dar, die fehlende Landrechte und daraus folgende Vertreibungen sowie die Schaffung von Energiepflanzen-Monokulturen auf die Entwicklung ländlicher Bevölkerungen im globalen Süden haben. OKR Hartmut Fritz schließlich skizzierte die Einflussmöglichkeiten der Kirchengemeinden auf die Landnutzung in Brandenburg, indem er insbesondere auf die Vergabekriterien für kirchliches Pachtland einging. Dabei spielte insbesondere der Zielkonflikt zwischen der Erzielung hoher Erträge und der nachhaltigen Nutzung und sozialen Verantwortung für den ländlichen Raum eine Rolle.
Am Nachmittag hatten die gut 100 Teilnehmenden die Gelegenheit, Einzelaspekte der Landnutzung erst in Arbeitsgruppen und dann noch einmal im Plenum zu diskutieren und der Landeskirche Anregungen für die künftige Entwicklung ihrer Landpolitik mit auf den Weg zu geben. Dabei ging es um teils sehr technische Fragen der Überprüfung der Einhaltung von Vertragsbedingungen der Nutzung von Kirchenland, aber auch um die übergreifende Frage, welche Rolle die Kirche heute für die Entwicklung ländlicher Räume spielen kann.
Abschließend zog Bischof Dr. Markus Dröge ein Resumée des Tages. Deutlich wurde, dass die Kirche sowohl in ihrer politischen anwaltschaftlichen Tätigkeit für die Interessen von Kleinbauern in Entwicklungsländern eintreten muss, damit diese ihren wichtigen Beitrag zur Welternährung leisten können, als auch selbst in der Verantwortung steht, als Landeignerin verantwortungsvoll zu handeln. Im Ergebnis soll eine Orientierungshilfe für Kirchengemeinden dazu erarbeitet werden, welche Punkte bei der Landvergabe beachtet werden sollten und wie mit Zielkonflikten umgegangen werden kann.
Dr. Patrick Roger Schnabel, Beauftragter für den Kirchlichen Entwicklungsdienst der EKBO
Erschienen am 05.10.2015
Aktualisiert am 05.10.2015