"Fähigkeiten zum Umgang mit Krisen ausbauen"
Rede von Staatssekretär Steinlein
„Wir brauchen mehr Analyse, mehr Weltwissen, eine bessere Begrifflichkeit für das, was jenseits unserer Grenzen passiert“, betonte Stephan Steinlein, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, am 4. Mai bei der Tagung „Bis an die Grenzen der Diplomatie“. In seinem Vortrag über Deutschlands Verantwortung für den Frieden legte Steinlein dar, dass die deutsche Außenpolitik seit der Amtszeit von Willy Brandt kontinuierlich von Bündnissolidarität und der besonderen Verpflichtung zur friedlichen Beilegung von Konflikten geprägt sei. Dies Element der Kontinuität in der deutschen Außenpolitik treffe aktuell auf „erhebliche Diskontinuitäten in der Welt um uns herum“: Auf der Suche nach Akteuren, die die bestehende Ordnung stabilisieren könnten, richteten sich die Augen nun erwartungsvoll auf Deutschland – dem als größtem und wirtschaftlich stärkstem Land Europas, das von außen betrachtet „wie kaum ein anderer von der bestehenden Ordnung profitiert“, besondere Erwartungen zuwüchsen.
Vor diesem Hintergrund habe man die deutsche Außenpolitik im vergangenen Jahr einem „Review-Prozess“ unterzogen. Die Ergebnisse dieses Prozesses fasste Steinlein in drei Schwerpunkten zusammen: Ausgehend von der Tatsache, dass die Häufung von Krisen kein vorübergehendes Phänomen sei, müssten erstens auch die Fähigkeiten zum Umgang mit Krisen an das vorhandene Ausmaß angepasst werden. Steinlein sprach sich in diesem Zusammenhang etwa für die Aufstockung der Mittel für humanitäre Hilfe, für den Einsatz ziviler Experten in Krisenregionen und eine bessere Vernetzung von humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit aus. Zweitens müsse zur Bekämpfung von Ursachen von Konflikten „konzeptionell und praktisch an der internationalen Ordnung von morgen“ gearbeitet werden. Dazu müssten nicht nur die Rolle der Vereinten Nationen oder der OSZE in den Blick genommen werden. Es werde auch viel diplomatische Kreativität erfordern, um die Gefahr eines neuen Kalten Krieges zu bannen. Bei allem Nachdenken über deutsche Verantwortung sei drittens zu berücksichtigen, dass diese Verantwortung nicht von Deutschland allein getragen werde. „Das vereinte Europa ist unser größter Schatz und die beste Versicherung gegen eine Rückkehr unserer blutigen Vergangenheit“.
Die im Titel der Veranstaltung benannten „Grenzen der Diplomatie“ sieht der Staatssekretär "an den Grenzen der Sprache". Diplomatie operiere „an der Grenze, wo Sprache versagt“. Und sie versuche, den Raum der Sprache zu erweitern, weil so Steinlein, „es ohne Sprache keinen Frieden gibt“.
Die gesamte Rede von Staatssekretär Stephan Steinlein lesen Sie hier (PDF-Dokument, 108.4 KB).
Erschienen am 11.05.2015
Aktualisiert am 12.05.2015