Evangelische und katholische Kulturen in Deutschland
Wie sie sich gleichen!?
„Typisch evangelisch“ und „typisch katholisch“ – kann man heute überhaupt noch so sprechen?
Ja und nein, sagt Studienleiterin PD Dr. Eva Harasta im Nachgang der Tagung „Kein Karneval in Wittenberg?“ vom 31. März bis 2. April: Ja, evangelische oder katholische Musik, Bilder und auch Kirchengebäude kommen einem gleich in den Sinn. Aus der Reformation heraus entwickelten sich unterschiedliche kirchliche Kulturen in Deutschland. Aber auch nein: Gerade in Musik und Bildern, in Architektur und kirchlicher Kulturarbeit gibt es heute viele Gemeinsamkeiten zwischen dem Evangelischen und dem Katholischen.
Die Tagung „Kein Karneval in Wittenberg?“ ging den bis heute sichtbaren kulturellen Nachwirkungen der Reformation nach – in ihrer Vielfalt, in ihren Gemeinsamkeiten. Mit Bildern und Musik, mit einem kabarettistischen Zwischenspiel und mit dem Blick in empirische kirchensoziologische Untersuchungen, mit einem Konzert (auch zum Mitmachen) und mit vielfältigen Gesprächen führte die
Tagung in evangelische und katholische Welten. Kunstgeschichte und gegenwärtige Kulturarbeit, Kirchenmusik und Liturgie, Architektur und praktische Theologie, Jugendarbeit und Journalismus kamen dafür zusammen – und gaben eine Momentaufnahme „vor 2017“. Dabei zeigte sich: Die traditionellen kulturellen Unterschiede zwischen Katholischen und Evangelischen in Deutschland sind nicht nur religiös (theologisch, dogmatisch), sondern auch stark kulturell bedingt. Und es zeigte sich außerdem: Diese kulturellen Unterschiede treten aktuell immer mehr zurück. Darin liegt eine große kirchliche und ökumenische Chance, allerdings könnte diese Annäherung aber auch zu neuen „Befremdungsübungen“ führen, gerade unter säkularen und religiös pluralen Rahmenbedingungen. Das Reformationsjubiläum bietet hier eine Gelegenheit, sowohl in ökumenische Gespräche über die früheren und die heute festzuhaltenden Unterschiede einzutreten als auch das verbindend gemeinsam „Christliche“ wahrzunehmen – und zu feiern.
Die Tagung gehörte zum Projekt „Die gesellschaftliche Aktualität der Reformation", einem Netzwerkprojekt der Evangelischen Akademien in Deutschland, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und von der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 gefördert wird.
Das Bild zeigt einen Altarflügel aus Großkromsdorf, ausgestellt im Lutherhaus Eisenach: Martin Luther in einer Reihe mit Bischöfen und Heiligen.
Erschienen am 02.05.2016
Aktualisiert am 03.05.2016