„Was ist Wahrheit?“
Predigt von Rüdiger Sachau
Es ist besser, über die heilsame Kraft der Wahrheit nachzudenken als sich auf die destruktiven Folgen von Lügen zu fixieren, meint Dr. Rüdiger Sachau. In seinem Vortrag „Was ist Wahrheit? Über Lügenpresse und Hofprofeten, von Gerechtigkeit und Verbindlichkeit“ am 6. Februar 2017 anlässlich der Einführung des 12. Jahrgangs der Evangelischen Journalistenschule betonte Sachau, dass die Wahrheit kein Selbstzweck sei. „Wahrheit ist nicht zu trennen von Gerechtigkeit, der sie dient.“
Dadurch, dass ihre Grundlagen bestritten werden können, indem alternative Tatsachen behauptet werden, könne Wahrheit diffamiert werden, so der Akademiedirektor mit Blick auf jüngste politische Entwicklungen. Die Abwehr von Kritik als Lüge bezeichnete er als eine „alte schlechte Tradition“. „Heute werden Journalistinnen und Journalisten in der Türkei, in Russland, in Polen mundtot gemacht. Der amerikanische Präsident hat die angeblichen Fake-News zu seinen Lieblingsfeinden erklärt, statt die vierte Macht als Korrektiv und Erkenntnishilfe zu akzeptieren.“ Hinter der Bezeichnung der Presse als Lügenpresse steht Sachau zufolge ein dogmatischer „Anspruch auf Selbstwahrheit“. Dieser sei die Basis aller autoritären Systeme.
Selbstverständlich habe jeder Mensch das Recht auf eine eigene Perspektive, unterstrich der Theologe. Aber: „Wenn einer sagt: ‚Nur meine Wahrheit ist wahr‘ und alle anderen Einsichten als Lüge diffamiert werden, haben wir ein Problem.“ Was fehle, seien Demut und „die Beugung unter eine Wahrheit, die größer ist als wir“, sagte Sachau.
Religiöse Wahrheiten sind nicht mit nachrichtlichen Fakten zu vergleichen, erläuterte er: „Ich würde nicht sagen: Gott ist eine Tatsache, wohl aber eine Wahrheit, die mich verpflichtet, bindet und orientiert. Ich kann nicht hinter die Erkenntnis zurück. Lüge ist, wenn ich mich dieser Erkenntnis nicht stelle“.
Auch und gerade in der aktuellen Situation sieht der Akademiedirektor Christinnen und Christen in der Pflicht, sich „in der guten Tradition des Bekenntnisses von Barmen“ an der Wahrheit zu orientieren. „Populisten und ihre Lügen sollen uns nicht bannen, sondern wir sollen den Unentschiedenen und Wankelmütigen, den Ängstlichen und Unsicheren in unserem Land Mut machen, ihnen die Geschichten der Hoffnung erzählen.“
Den Redetext von Dr. Rüdiger Sachau lesen Sie hier (PDF-Dokument, 45.3 KB).
Erschienen am 07.03.2017
Aktualisiert am 07.03.2017