Vom reflektierten Absolutheitsanspruch des Christentums
Impuls von Andreas Lob-Hüdepohl
Kirche ist niemals Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck der Kommunikation des Evangeliums. Das betonte Andreas Lob-Hüdepohl in seiner Rede beim diesjährigen Sommerfest der Evangelischen Akademie. „Das Markenzeichen der Jesusbewegung war nie die Einheitlichkeit ihrer Mitglieder, sondern immer die Eindeutigkeit ihrer Sendung“, sagte der Professor für Theologische Ethik an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in seinem Beitrag „Profilierte Ökumene im Alltag von Politik und Säkularisierung“.
Ziel ökumenischer Anstrengungen ist Lob-Hüdepohl zufolge die „Rückkehr in die Diakonie“, einschließlich der Sorge um den „menschentümlichen Raum und die menschenwürdige Ordnung“. Solche „politische Diakonie“, der Dienst an der gemeinsamen Gestaltung des öffentlichen Raumes, sei als gemeinsames Handeln im Dienst an der allumfassenden Gemeinschaft einer Menschheitsfamilie zu verstehen, „die keine und keinen ausschließt oder zurücklässt“.
Anders als in den vergangenen Jahren werde politische Diakonie, würden kirchlich grundierte Einlassungen vermehrt nicht nur nicht erwünscht, sondern sogar als Bedrohung demokratischer Willensbildung empfunden, konstatierte der Theologe. Umso mehr müsse eine öffentlich ambitionierte und profilierte Ökumene durch inhaltlich überzeugende Äußerungen ihre eigene Sinnhaftigkeit beweisen.
Ein aktuelles Beispiel für die Herausforderungen, „das Sinnpotenzial christlicher Gottesrede für die humane Gestaltung unserer Gesellschaft unter Beweis zu stellen“ ist für Lob-Hüdepohl das Erstarken des Rechtspopulismus. Die urdemokratische Funktion von Volksvertretern erfüllen Populisten seiner Ansicht nach gerade nicht: „Denn das Volk ist nur im Plural zu haben – vor allem im Plural einer Bevölkerung, deren jedes einzelne Mitglied in seiner Einzigartigkeit und menschlicher Würde zu achten ist und gegen Übergriffe anderer geschützt werden muss.“ Auch dadurch, dass sie gegen die Schwächeren in der Gesellschaft Stimmung machen, zeige, dass Rechtspopulisten das demokratische Basisprinzip der Fundamentalgleichheit aller Menschen leugnen.
Der Theologe weist darauf hin, dass populistische Versuchungen sich auch in der Kirche haben breit machen können. Dies wiederspreche dem „reflektierten Absolutheitsanspruch des Christentums“. Ein solcher gehe davon aus, dass die eigenen Erfahrungen mit dem einzigartigen Gott „immer nur bruchstückhaft sind“, und dass - wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil heißt - andere Religionen möglicherweise „einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet“.
Die gesamte Rede von Andreas Lob-Hüdepohl lesen Sie hier (PDF-Dokument, 673.1 KB).
Erschienen am 07.09.2017
Aktualisiert am 07.09.2017