Verhältnisbestimmungen im Wandel
Nachlese „Es besteht keine Staatskirche“
Die religionsrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Verfassung gehören zu den „weiterführenden, bis heute wirksamen Innovationen der Verfassung“. In seinem Vortrag „Staat und Religion in Deutschland – Verhältnisbestimmungen im Wandel“ betonte Prof. Christian Waldhoff von der Humboldt-Universität zu Berlin am 28. März „die politische und mentale Zäsur“, die sich 1918 vollzog. Mit dem Weimarer Kirchenkompromiss sei zwischen dem gerade abgelösten Staatskirchentum und der französischen Laicité ein drittes Modell verwirklicht, das im Ausgangspunkt Staat und Religion trenne und Herrschaftsgewalt säkular legitimiere, „gleichzeitig Religion jedoch privilegiert und zur Kooperation mit dem Staat einlädt, ohne dass sich der Staat mit einer konkreten Religion oder Konfession identifizieren würde oder dürfte“, sagte der Jurist im Rahmen der Tagung „Es besteht keine Staatskirche“.
Im Blick auf eine der aktuellen großen Herausforderungen: der Integration des Islam in dieses System, hält Waldhoff das deutsche Modell für geeigneter als das laizistische. Es müsse vor dem Hintergrund der Erfahrungen „mit der Integration von zum Entstehungszeitpunkt in Deutschland sowohl 1919 als auch 1949 bedeutungslosen Religionen“ und „aus der rechtlichen Überwindung der konfessionellen Differenz“ mit der neuen religiösen Differenz besser zurecht kommen.
Nicht gleichermaßen optimistisch ist der Jurist im Blick auf die zweite Herausforderung des Verhältnisses von Kirche und Staat, die Säkularisierung. „Wenn dem staatlichen Angebot auf Seiten der Religionen kein relevantes Interesse, keine Substanz mehr gegenüberstehen sollte, verliert das System an Legitimität.“
Den gesamten Vortrag von Prof. Christian Waldhoff lesen Sie hier (PDF-Dokument, 165.5 KB).
Erschienen am 02.04.2019
Aktualisiert am 02.04.2019