Diskussion um die Rolle des EGMR
Einen „massiven Abbau von Schutzrechten“ durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stellte Carsten Gericke fest. Bei der Diskussion „Menschenrechte in Deutschland und Europa – machen sie den Unterschied?“ kritisierte der Vertreter des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) viele Entscheidungen des EGMR im Blick auf den Zugang zum Recht von Schutzsuchenden und zu individuellen Verfahren.
„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte war ein wichtiger Akteur bei der Stärkung menschenrechtlicher Standards im Rahmen des gemeinsamen europäischen Asylsystems“, so Gericke. Allerdings habe man seit einigen Jahren eine gegenläufige Tendenz festzustellen. Die Entscheidungen, mit denen der Gerichtshof Schutzrechte einschränke, seien „wenig konsistent, erscheinen methodisch aber auch wertungsmäßig höchst fragwürdig“. Die Glaubwürdigkeit des EGMR als Institution zum Schutz der Menschenrechte werde untergraben.
Tineke Strik, Mitglied des Europäischen Parlaments in Brüssel, problematisierte „dass Normen und Standards nicht eingehalten werden“. Weil dies oft nicht sanktioniert werde, geschehe es „immer häufiger, dass Mitgliedstaaten Regeln verletzen, insbesondere an den Außengrenzen (z.B. in Form von Push-backs).“ Die EU-Kommission müsse „den Beschwerdemechanismus und den Überwachungsmechanismus unabhängiger und transparenter machen“, forderte die EU Parlamentarierin.
Die Diskussion, an der sich auch Dr. Michael Hoppe, Vizepräsident des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, International Association of Refugee and Migration Judges (IARMJ) beteiligte, wurde moderiert von Prof. Dr. Nora Markard von der Universität Münster.
Erschienen am 23.06.2020
Aktualisiert am 26.06.2020