Frauen und Feminismus in Zeiten der Krise
Frauen reden online zu Tisch am 28. Oktober
Digital, divers, überregional: Dass das diesjährige „Frauenmahl“ angesichts der Kontaktbeschränkungen nicht vor Ort stattfinden konnte, tat der Beteiligung und Gesprächsatmosphäre keinen Abbruch. Vielmehr konnten sich rund 200 Frauen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum austauschen und vernetzen.
Ob als Pflege- und Reinigungskräfte, als Mütter oder Partnerinnen – die Situation von Frauen hat sich durch die Corona-Pandemie verschärft. Viele, die nicht im home office arbeiten können, sind an ihrem Arbeitsplatz verstärkten gesundheitlichen und ökonomischen Risiken ausgesetzt. Durch Homeschooling und Kinderbetreuung während des Lockdowns wuchsen ohnehin schon bestehende Mehrfachbelastungen an. Die Fälle häuslicher Gewalt nahmen drastisch zu. Unter dem Titel „Kinder, Küche, Corona: Frauen und Feminismus in Zeiten der Krise“ kamen am 28. Oktober 2020 fast 200 Frauen online zusammen, um über aktuelle Herausforderungen im Kampf um Frauenrechte zu diskutieren.
„Und das macht schließlich trotz der bislang beschriebenen Verschärfung der patriarchalen Zustände Hoffnung: Dass diese Krise auf eine neue Generation von Feminist*innen trifft, die […] sich seit einigen Jahren transnational vernetzen und die Zusammenhänge von Patriarchat, Kapitalismus und Nationalismus wie keine feministische Welle zuvor in ihrer Verwobenheit angreifen“, resümierte die Soziologin und Journalistin Dr. Carolin Wiedemann. Auch in Ländern des globalen Südens ließen sich Frauen nicht von Protesten ge-gen die verschärften frauenfeindlichen Krisenerscheinungen abschrecken, berichtete Selmin Çalışkan, Direktorin für institutionelle Beziehungen im Berliner Büro der Open Society Foundations. Dr. Maisha-Maureen Auma, Professorin im Bereich Diversity Studies an der Hochschule Magdeburg-Stendal, plädierte gemeinsam mit den anderen beiden Referentinnen für einen intersektionalen Blick auf die gegenwärtige Situation - das heißt: Nur wenn man unterschiedliche Diskriminierungsformen wie Sexismus, Frauenfeindlichkeit, Rassismus und Benachteiligung aufgrund der sozialen Herkunft als miteinander verzahnte Phänomene betrachte, könnten Probleme wie unfaire Löhne und ungleiche Zugänge zu gesellschaftlichen Ressourcen adäquat erfasst und in politisches Handeln umgesetzt werden.
Digital, divers, überregional: Dass das diesjährige „Frauenmahl“ angesichts der bestehenden Kontaktbeschränkungen nicht wie gewohnt vor Ort stattfinden konnte, tat der Beteiligung und Gesprächsatmosphäre keinen Abbruch. Vielmehr hat das digitale Format ermöglicht, dass sich rund 200 Frauen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum austauschen und vernetzen konnten. Die Gesprächsgruppen, die sich an die Inputs der Referentinnen anschlossen, waren nicht nur generationenübergreifend, sondern auch in religiös-weltanschaulicher Hinsicht vielfältig zusammengesetzt. Dies ist dem breiten Bündnis zu verdanken, das die Veranstaltung ausgerichtet hat: Erstmals wurde das Frauenmahl von der Evangelischen Akademie zu Berlin und dem Amt für Kirchliche Dienste der EKBO in Kooperation mit dem Aktionsbündnis muslimischer Frauen, dem Netzwerk jüdischer Frauen Bet Debora und dem Deutschen Muslimischen Zentrum organisiert.
Den Beitrag von Dr. Carolin Wiedemann finden Sie hier, (PDF-Dokument, 164.5 KB) den von Selmin Çalışkan hier (PDF-Dokument, 94 KB). Prof. Dr. Maisha-Maureen Aumas Plädoyer für „Intersektionale Gerechtigkeit und intersektionale Feminismen“ können Sie hier nachlesen.
Erschienen am 10.11.2020
Aktualisiert am 13.11.2020