„Wir brauchen die kritische Zivilgesellschaft“
Interview mit Paul Nolte zur Corona-Krise
Einen „irritierenden Konformismus“ erkennt Professor Paul Nolte in den Reaktionen auf die aktuelle Krisensituation in Deutschland. Im Blick auf die Rechtfertigung und die Befristung von Maßnahmen, die die Freiheit einschränken, sei man „an einem Punkt, an dem wir sehr aufpassen müssen“, so der Historiker vom Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin im Interview mit der „Frankfurter Rundschau“.
„Wir brauchen auch in einer solchen Situation eine lebendige und kritische Zivilgesellschaft“, betont Nolte, der Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin ist. Im Augenblick habe sich die Gesellschaft zu sehr in die Abhängigkeit von naturwissenschaftlichem Expertenwissen begeben. Es müssten aber müssen auch andere Erkenntnisse, beispielsweise aus der Sozialwissenschaft, einbezogen werden. „Die Auswirkungen für unser soziales Miteinander sind so gravierend, der Eingriff in die offene Gesellschaft so groß, dass man das nicht als Randphänomen abtun kann. Nach dem Motto: Aber wir facetimen doch mit Oma! Besonders Kinder und Alte werden traumatisiert durch das, was jetzt geschieht.“
Erschienen am 28.03.2020
Aktualisiert am 08.01.2021