Friedensgutachten 2021 fordert Corona-Friedensdividende
"Europa kann mehr!"
Soll Europa „weltpolitischer Zaungast“ bleiben? Nein, argumentieren die führenden deutschen Friedensforschungsinstitute in ihrem aktuellen Friedensgutachten. Zivile, politische Strategien und Programme seien das Gebot der Stunde, um den Folgen der globalen Bedrohungen etwa durch die Klimakrise und die Corona-Pandemie wirksam entgegentreten zu können, dies betonten die Verfasser*innen bei einem Abendforum am 8. Juni 2021.
Als „brandgefährlich“ werden im Friedensgutachten die anhaltenden Konfliktherde innerhalb Europas gekennzeichnet. Die militärischen Eskalationen – zum Beispiel zwischen Armenien und Aserbaidschan – zeigten, wie schnell diese Konflikte sich ausweiten können. Hier seien belastbare Strategien der Konfliktbearbeitung unabdingbar. Die EU müsse bestehende Programme nutzen, um die Not der jeweiligen Bevölkerung vor Ort zu lindern und Austausch zu ermöglichen, „ohne diese andererseits völkerrechtlich anzuerkennen und damit ihre Statusansprüche zu unterstützen“. Die Friedensforscher*innen raten außerdem dazu, einen Sonderbeauftragten zu berufen, um ein institutionelles Gegengewicht zu Russland in den Verhandlungen zum Donbass zu schaffen.
Im Hinblick auf die Weltpolitik mahnen die Verfasser*innen des Gutachtens eine friedensbewahrende Politik an, die noch bestehende gemeinsame Interessen zwischen den USA, Europa und Russland und China bewahrt und neue Möglichkeiten der Kooperation sucht.
Friedenspolitische Aufgaben liegen den Wissenschaftler*innen zufolge aber nicht nur in Europa. Im Globalen Süden gehe es darum, beim Aufbau staatlicher Strukturen zu helfen, die Basisgüter und Leistungen für die Bevölkerung erbringen können. Die Friedensforscher*innen fordern eine „Covid-19-Friedensdividende“: eine gemeinsame Initiative zur Begrenzung und Reduzierung der Rüstungsausgaben, bei der freiwerdende Mittel in einen globalen Covid-19-Recovery Fund einzuspeisen wären.
Das Abendforum habe sehr deutlich werden lassen, so Studienleiter Uwe Trittmann, dass die Bedeutung des diesjährigen Friedensgutachtens vor allem in der Forderung nach einer konsequenten friedenspolitischen Ausrichtung mit Blick auf die „menschliche Sicherheit“ liegen müsse. Europa müsse sich auf seine traditionellen Stärken besinnen: „Europa kann mehr!“ Der Erfolg werde dabei vor allem davon abhängen, ob es willig und fähig sei, auch mehr zu leisten
Erschienen am 21.06.2021
Aktualisiert am 23.06.2021