„Wer nicht denken will, fliegt raus!“
Zwei Gesprächsabende über Joseph Beuys
Joseph Beuys war einer der prägendsten deutschen Künstler des vergangenen Jahrhunderts. In diesem Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden. Trotz der großen Aufmerksamkeit im Jubiläumsjahr findet die religiöse Dimension seines Werkes wenig Aufmerksamkeit. Dabei hat sich Beuys von Beginn an mit christlichen Motiven auseinandergesetzt.
Auch den entscheidenden Wendepunkt in seinem künstlerischen Schaffen hat Beuys (1921–1986) in Anlehnung an christliche Begrifflichkeiten beschrieben: als einen Weg in die Dunkelheit bis hin in seine symbolische Grablegung in einer schwarzen Kiste samt anschließender „Auferstehung“ in eine neue Phase künstlerischer Freiheit.
Diese Umgestaltung der alten, erstorbenen Gestalt in eine lebendige und durchpulste Form bezieht sich bei Joseph Beuys auf alle Lebensprozesse: Überall müsse es darum gehen, das „Auferstehungsprinzip“ zu verwirklichen und damit das Leben in bewegliche und lebendige Formen zu überführen.
Das gilt auch für die Kirchen, denen Beuys kritisch bis ablehnend gegenüberstand – trotz oder gerade wegen seiner Hochschätzung für Christus, dessen „Christusimpuls“ er in den Kirchen unzureichend vermittelt sah: „Die alten Glaubenskräfte sind nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Es müssen ganz andere Erkenntniskräfte, andere Wahrheitskräfte im Menschen in Gang gebracht werden.“
Für Beuys war das die Aufgabe der Kunst in ihrem erweiterten Sinne („erweiterter Kunstbegriff“): Nicht allein Musikerinnen, Maler oder Bildhauerinnen seien dafür zuständig, das Auferstehungsprinzip zu verwirklichen, sondern alle Menschen.
Die Stiftung St. Matthäus – die Kulturstiftung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz – hat diesen religiös inspirierten Motiven im Schaffen des Jahrhundertkünstlers nun eine ganze Ausstellung gewidmet: „Der Erfinder der Elektrizität. Joseph Beuys und der Christusimpuls“ in der St. Matthäus-Kirche am Berliner Kulturforum. In zwei Gesprächen über Beyus greifen die Evangelische Akademie zu Berlin und die Stiftung St. Matthäus zum Ende der Ausstellung die religiösen und gesellschaftlichen Impulse des Künstlers auf:
Um Beuys als „Soziologen“ geht es am 7. September im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Julia Voss und dem Soziologen Heinz Bude. Welche Impulse brachte Beuys in die soziologische Debatte und was bedeutet sein Bild der „Sozialen Plastik“ für das Verhältnis von Kunst, Gesellschaft und Politik?
Am 10. September gilt das Augenmerk Beuys als „Theologen“. Welches Christusbild hatte der Künstler vor Augen? Und wie verhält es sich zum Christusbild der Kirchen? Darüber sprechen wir mit dem Kunsthistoriker Eugen Blume und der Theologin Silvia Richter.
Dieser Text verwendet Passagen aus dem Ausstellungstext von Hannes Langbein (PDF-Dokument), Direktor der Stiftung St. Matthäus.
Erschienen am 06.09.2021
Aktualisiert am 22.12.2021