Kritik an ungleicher Behandlung von Flüchtlingen
Forderungen beim 22. Symposium zum Flüchtlingsschutz
Zum Weltflüchtlingstag hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine ungleiche Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland kritisiert. Während die Bundesregierung bei den Ukraine-Flüchtlingen schnell und effektiv gehandelt habe, gebe es für andere Schutzsuchende wie Syrer und Afghanen noch immer verschiedene Rechtsinstrumente, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, beim 22. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz. Am Vorgehen bei den Ukraine-Flüchtlingen werde man die Asylpolitik der noch verhältnismäßig neuen Bundesregierung messen. Das sei „best pratice“ gewesen, so Duchrow.
Zur Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen hatten die EU-Staaten erstmals eine Richtlinie in Kraft gesetzt, die eine schnelle und unbürokratische Aufnahme ermöglicht. In Deutschland wechseln die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zudem schneller in den normalen Sozialleistungsbezug und haben zügiger Zugang zum Arbeitsmarkt.
Duchrow forderte die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das für andere Flüchtlinge nach wie vor gilt und geringere Leistungen und Integrationsangebote enthält. Auch bei der Wahl des Aufnahmelandes könne sich die Bundesregierung für mehr Großzügigkeit einsetzen, sagte sie. Während sich die Menschen aus der Ukraine frei in Europa bewegen können, werden andere Flüchtlinge auf ein EU-Land festgelegt.
Beim Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz, organisiert von der Evangelischen Akademie zu Berlin in Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden und , Nichtregierungsorganisationen, treffen jährlich Flüchtlingshelfer auf Regierungs- und Behördenvertreter. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Mahmut Özdemir (SPD), versprach einen „Paradigmenwechsel“ durch die Koalition von SPD, Grünen und FDP. Er verwies unter anderem auf das geplante Chancen-Bleiberecht zur Reduktion der Ketten-Duldungen und geplante Verbesserungen beim Familiennachzug.
Özdemir zeigte sich auch offen bei der Wahl des Aufnahmestaates. Waren und Dienstleistungen bewegten sich frei in der EU. Wenn es um Menschen geht, scheine man sehr an nationalen Grenzen zu hängen, beklagte er.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Flüchtlinge, Reem Alabali-Radovan (SPD), forderte Veränderungen im europäischen und auch im deutschen Asylsystem. „In den vergangenen Jahren waren viele Asylverfahren weder 'fair' noch 'zügig'“, sagte Alabali-Radovan und verwies auf schleppende Entscheidungen bei Asylantragstellern aus Afghanistan. „Wir brauchen schnellere und pragmatischere Entscheidungen, ob jemandem nach dem EU-Recht internationaler Schutz zusteht“, sagte sie.
Mehr Engagement forderten Organisationen insbesondere für Menschen in Afghanistan. Auch in der Regierung gab es dazu am Montag Selbstkritik. Die Bundesregierung habe es noch nicht geschafft, dem Koalitionsvertrag, in dem ein humanitäres Aufnahmeprogramm vereinbart wurde, ausreichend Rechnung zu tragen, sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne). Sie äußerte die Erwartung, dass das Programm spätestens bis Mitte August auf den Weg gebracht wird.
(Quelle: epd)
Erschienen am 20.06.2022
Aktualisiert am 21.06.2022