Gedenken und Forderungen zu 40 Jahren Kirchenasyl

Gedenken und Forderungen zu 40 Jahren Kirchenasyl

Tagung thematisiert Anfänge und aktuelle Entwicklungen

© Peter Groth für BAG Asyl in der Kirche

Mit einer Tagung in der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg hat die Evangelische Akademie zu Berlin auf die Anfänge der deutschen Kirchenasyl-Bewegung vor 40 Jahren zurückgeblickt. Gemeinsam mit der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche und dem Verein Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg diskutierten wir dabei auch über Entwicklungen in Asylrecht und -praxis. Mit einer Kranzniederlegung in Berlin wurde zudem an den Tod des türkischen Asylbewerbers Kemal Altun vor 40 Jahren erinnert, der 1983 einen wichtigen Anstoß für die ersten Kirchenasyle gegeben hatte.

Die Juristin Cecilia Juretzka von Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg, sagte im rbb-Inforadio anlässlich der Tagung, oft sei von Abschiebung bedrohten Menschen nicht klar, dass sie noch Rechtsmittel einlegen könnten. Kirchenasyl käme in Betracht, wenn „eine besondere Härte vorliegt“. Die wichtigsten Herkunftsländer der Menschen, die sich um Kirchenasyl bemühen, seien derzeit Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Russland und die Türkei.

Laut Juretzka gehen die Asylverfahren nach der Dublin-Verordnung nicht mit einheitlichen Schutzstandards einher. Die einzelnen Länder seien zwar an die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden. In der Praxis seien diese Regelungen aber auslegungsbedürftig. Dadurch würden Menschen, die nach dem deutschen Rechtssystem Anspruch auf Asyl hätten, in Staaten abgeschoben, in denen sie praktisch keine Chance auf Anerkennung hätten. So sei der Umgang mit Geflüchteten in osteuropäischen Staaten häufig nicht mit deutschen Menschenrechtsstandards vereinbar.

Flüchtlingsbischof Stäblein verteidigt individuellen Asylanspruch

An der Gedenkveranstaltung für Kemal Altun nahm auch der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein teil. Der 23-jährige Altun hatte sich am 30. August 1983 aus Angst vor einer Auslieferung in die Türkei aus dem Fenster eines Berliner Gerichts gestürzt. Sein Tod war Auslöser für die ersten Kirchenasyle.

Stäblein erklärte, Gotteshäuser seien der älteste Schutzraum für Menschen, die auf der Flucht sind und um ihr Leben ringen. Kirchenasyle gebe es unter anderem, weil nicht in allen Ländern Asylverfahren gleich gut funktionieren. Asyl in der Kirche stehe für Menschen ein, die in Not, Leid und Traumatisierung einen Weg der Anerkennung suchen.

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dankte allen, die sich in den vergangenen 40 Jahren dafür eingesetzt haben. „Sie leisten einen Dienst für die Humanität und das menschliche Gesicht unserer Gesellschaft“, sagte Stäblein, der auch Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland ist.

Unter Hinweis auf vermehrte Forderungen nach Aufweichung des Asylrechts sagte er, dieses sei ein unveräußerliches Menschenrecht: „Es ist nur als Individualrecht vorstellbar.“ Unter anderem hat der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), angeregt, das Recht auf Asyl durch Kontingentlösungen zu ersetzen.

Bei Asylverfahren gehe es um Menschen, betonte der Bischof am Mittwoch im rbb-Inforadio: „Wir wissen aus unserer eigenen Geschichte, dieses ist ein individuelles Recht und kann nur so gelebt werden, dass jeder unvertretbar einzeln sein Recht bekommt.“

(mit epd)

2023 30-31 Aug

Fachtagung

Heilig-Kreuz-Kirche

40 Jahre Kirchenasyl

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Kirchenasyl ist mitunter die Ultima Ratio, wenn Abschiebungen drohen: eine letzte Möglichkeit, Menschenrechtsverletzungen abzuwenden, nachdem alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind. Kirchenasyl ist aber auch Kritik, Korrektiv, widerständige Praxis,… weiter

Dr. Max Oliver Schmidt

Studienleiter Migration und Europa

Telefon (030) 203 55 - 588

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