Enttäuschung über EU-Asylreformpläne
Diskussionen beim Symposium zum Flüchtlingsschutz
Die geplante Reform des EU-Asylrechts ist beim 23. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz heftig umstritten gewesen. Die Bundesregierung verteidigte sie auch mit dem Argument, dass ohne eine Änderung die Situation für Schutzsuchende schlecht bleibe. Nichtregierungsorganisationen beurteilten die Konsequenzen für Schutzsuchende völlig anders.
Wären die Verhandlungen gescheitert, wäre es für die Schutzsuchenden an den europäischen Außengrenzen nicht besser geworden, verteidigte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Bernd Krösser, die deutsche Zustimmung zu den Plänen für das gemeinsame europäische Asylsystem (Geas). Pro Asyl widersprach: "Besser keine Reform, als so eine Reform", sagte Karl Kopp, Europa-Experte der Organisation.
Die Innenministerinnen und Innenminister der EU-Staaten hatten sich Anfang Juni auf Grundzüge eines gemeinsamen Asylsystems geeinigt. Die Bundesregierung stellt heraus, dass damit erstmals ein verbindlicher Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von Flüchtlingen in Sicht ist. Der Kompromiss sieht aber auch sogenannte EU-Grenzverfahren vor, die nach Auffassung von Flüchtlingsorganisationen dazu führen könnten, dass Tausende Schutzsuchende in Lagern unter haftähnlichen Bedingungen ausharren müssen, bis ihr Anliegen geprüft ist.
Besonders trifft auf Kritik, dass nur unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, nicht aber Familien mit Kindern von den Grenzverfahren ausgenommen werden sollen. Deutschland habe sich sehr für eine Ausnahme für Familien mit Kindern sowie Behinderte eingesetzt, sagte Krösser. Am Ende sei dies mit Unterstützung nur aus Portugal, Luxemburg und Irland aber eine Minderheitenposition gewesen, sagte er. Krösser ergänzte, die Bundesregierung habe für weitergehende Ausnahmen Unterstützung zumindest auch aus den EU-Grenzstaaten erwartet, die die Einrichtungen für die Grenzverfahren zur Verfügung stellen müssen. Sie müssten jetzt sicherstellen, dass die Unterbringungen für Familien mit Kindern und Behinderte geeignet sind. Dies werde "nicht gerade einfach", räumte Krösser ein.
Die Asylrechtsreferentin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Franziska Vilmar, sagte, die fehlende Durchsetzbarkeit von Ausnahmen für Familien mit Kindern sei für sie der Moment gewesen, in der sie von der Bundesregierung erwartet hätte, sich bei der Abstimmung über die Asylpläne zumindest zu enthalten. Auch Kopp von Pro Asyl machte deutlich, er hätte von Deutschland ein Nein oder eine Enthaltung erwartet.
Vor der Französischen Friedrichstadtkirche, wo das Symposium stattfand, formierte sich am Montag eine kleine Gruppe des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins zu einer Protestaktion, die während der Rede Krössers auch in der Kirche zu hören war.
Das Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz wird jährlich von der Evangelischen Akademie zu Berlin in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Partnern wie UNHCR Deutschlend, dem Deutschen Roten Kreuz, Diakonie und Caritas, Pro Asyl, dem AWO-Bundesverband, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband sowie dem Büro der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland veranstaltet.
(Quelle: epd)
Erschienen am 28.06.2023
Aktualisiert am 07.07.2023