„Kirchen sind schuldig geworden“
Gedenkgottesdienst für die in der NS-Zeit ermordeten Sinti und Roma
Bei einem Gedenkgottesdienst im Berliner Dom für die von den Nazis ermordeten 500.000 Sinti und Roma hat die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs das Versagen der evangelischen Kirche hervorgehoben. „Wir wissen, wie sehr auch die Kirchen damals schuldig geworden sind“, sagte sie am Sonntag.
Die Scham des Petrus, der Jesus dreimal verraten hat, stehe auch für die evangelische Kirche. Weil sie nicht Einhalt geboten und sich nicht gerade gemacht habe: „Sondern im Gegenteil, die ihre Verantwortung leugnete und den Verbrechern in die Hände gespielt hat.“
Lange sei das an den Sinti und Roma begangene Unrecht, der Völkermord, der unzählige Opfer kostete, nicht wahrgenommen geworden, so die Bischöfin: „Zu lange wurde nicht erkannt, wie demütigend die Rechtlosigkeit war und wie zutiefst entwürdigend die Diskriminierungen, die bis heute andauern. Auch von uns als Kirche wurde es nicht erkannt.“
Wenn heute wieder Vertreibungsfantasien die Runde machten, dürften die Kirchen nicht mehr schweigen wie damals: „Nicht allein bittere Tränen sollen wir weinen. Sondern aufstehen. Wie es im Moment Hunderttausende in unseren Städten und Dörfern tun.“
Im Rahmen des Gedenkgottesdienstes im vergangenen Jahr hatte die EKD ihre Erklärung „Gemeinsam Antiziganismus bekämpfen“ (PDF-Dokument) veröffentlicht. Damit erkannte sie das Leid deutscher Sinti und Roma in der NS-Zeit und ihre fortbestehende Diskriminierung an.
Für die Evangelische Akademie wirkte Studienleiter Christian Staffa, der Antisemitismusbeauftragte der EKD, an den Gedenkgottesdiensten mit. Ein Schwerpunkt der Akademiearbeit liegt auf dem Thema Antiziganismus; sie arbeitet u.a. mit dem Landesrat deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg und dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma zusammen. Die Kooperation hat sich über die letzten Jahre kontinuierlich im Netzwerk Sinti Roma Kirchen entwickelt.
Im Anschluss an den diesjährigen Gottesdienst wurde eine Ausstellung zur Bürgerrechtsbewegung von Sinti und Roma eröffnet. Sie ist in Kooperation mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma entstanden und bis zum 3. März im Dom zu besichtigen. (mit epd)
Erschienen am 05.02.2024
Aktualisiert am 15.02.2024