Von Ohnmacht, Chaos und Hoffnung

Von Ohnmacht, Chaos und Hoffnung

Sommerfest zum Thema „Apokalypse!“

© Schröder/EAzB

„Apokalypse!“ lautete in diesem Jahr das Thema des Sommerfests der Akademie. Ein zu düsterer Titel in ohnehin verunsicherten Zeiten? Akademiedirektorin Friederike Krippner unterstrich, dass die Botschaft des biblisches Buchs der Offenbarung – der Apokalypse – eine hoffnungsgeleitete ist: „Es geht darum, was die Zukunft uns bringt. Es geht um das Reich Gottes. Es geht um Hoffnung für die Hoffnungslosen. Es geht um Chaos, ja – aber aus dem Chaos entsteht etwas Neues. Das Ende bedeutet einen neuen Anfang.“

Noch sei zum Beispiel die größte Klimakatastrophe abwendbar, wenn die Menschen sich zum Handeln entschlössen. Oder mit Blick auf die Flüchtlingspolitik: „Natürlich können wir uns für Barmherzigkeit entscheiden, für Menschlichkeit in Europa“, so Krippner. „Wir müssen teilen, aber wir können das auch.“ Es liege nicht in unserer Hand, Russlands Präsident Wladimir Putin zu ändern; aber Europa könne die Ukraine entschlossener unterstützen. Ein jeder und eine jede habe Wirkungsfelder – „und die gilt es, mit Mut und mit Zuversicht zu bespielen“.

Kirche und Rechtsextremismus

Apokalyptisches Denken im Rechtsextremismus und die Versuche rechter Kräfte, das Christentum zu vereinnahmen, beleuchtete der Extremismus-Experte Henning Flad, Projektleiter in der Geschäftsstelle der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus. Mit der Rede der extremen Rechten von der „Rettung des christlichen Abendlandes“ müssten sich die Kirchen wohl oder übel auseinandersetzen, so Flad. Tatsächlich fänden rechte Deutungsmuster auch im kirchlichen Raum zunehmende Verbreitung und würden offener geäußert als noch vor einigen Jahren. Thematische Anknüpfungspunkte dafür gebe es bei der Ablehnung von Gleichstellungspolitik und sexueller Vielfalt, beim Thema Lebensschutz und bei der Geschlechterpolitik.

Letztlich bleibe die „christliche“ Rechte aber ein Widerspruch in sich. „Die christliche Ethik steht in einem so klaren Widerspruch zu Ideologien von Ungleichwertigkeit des Menschen, dass dies kaum überbrückbar ist“, betonte Flad. Ein Blick in rechte Primärquellen mit christlichem Anspruch bestätige dies: Solche Texte kreisten um politische und nur wenig um genuin theologische Fragen. „Das Christentum fungiert in der extremen Rechten vor allem als identitäre Markierung, die stark anti-islamisch aufgeladen ist. Die Theologie hingegen ist dünn und das Interesse an genuinen Glaubensfragen gering.“

Antisemitische Bilder der Apokalypse

Um antisemitische Aspekte von christlichen Bildern der Apokalypse ging es im Podiumsgespräch, das die Theologinnen Katharina von Kellenbach und Karoline Ritter vom Akademie-Projekt Bildstörungen als Live-Aufzeichnung für ihren gleichnamigen Podcast führten: Mit dem Bild von der „Hure Babylon“ rufe das biblische Buch der Offenbarung ein Feindbild auf, das auch Gewalt gegen Frauen legitimiere. Städte würden in der Bibel oft metaphorisch mit Frauen assoziiert. „Und das hat eine antisemitische Färbung, weil Städte oft mit Juden verbunden werden“, so Katharina von Kellenbach.

Die Gefahr in Texten wie der Offenbarung sei, „dass etwas vernichtet werden muss, bevor etwas Gutes entstehen kann“, betonte sie. Eine solche „Erlösungsphantasie“ komme auch in der aktuellen Auseinandersetzung um den Gazastreifen zum Tragen. „In der Hamas-Vision gilt, dass Befreiung und Gerechtigkeit erst passieren können, wenn Babylon zerstört ist.“

„Wir sollten uns bewusst werden, wie das jüdische Israel immer wieder mit dem Bösen identifiziert wird. Als Ursache von Kolonialismus, Apartheit, Genozid“, folgerte von Kellenbach. „Es sind Begriffe des Bösen, die aufgerufen werden.“ Ebenso seien die Bilder für das Böse im Buch der Offenbarung zwar kraftvoll, aber auch gefährlich, betonten von Kellenbach und Ritter. Denn sie lenkten davon ab, „dass das Böse immer auch in uns ist“.

Den biblischen Aspekt, dass die Apokalypse mit Hoffnung verbunden ist, nahm Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, in seiner Andacht auf: „Apokalypse ist Hoffnung für die, denen das Leben entrissen wurde, für die, denen andere alle Lebensrechte genommen haben, für die auch, die sich in dieser Welt nicht mehr vorfinden.“ Apokalypse sei „Aufbruch in und dadurch irgendwie auch gegen die Ohnmacht“. Schon zu biblischen Zeiten sie sich jedoch auch eine Kraft des Anfangs gewesen. „Da enthüllt sich etwas mit voller Wucht und bricht durch: im Ende ein Anfang.“

Krippner, Friederike 2020

Dr. Friederike Krippner

Akademiedirektorin

Telefon (030) 203 55 - 505

Schriftzug "Bildstörungen" mit Porträts der Podcast-Macherinnen Karoline Ritter und Katharina von Kellenbach

Bildstörungen

Der antisemitismuskritische Podcast

Im Podcast "Bildstörungen" gehen Karoline Ritter und Katharina von Kellenbach den christlichen Traditionslinien moderner antisemitischer Stereotype nach.

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