Zeit, Haltung zu zeigen
Warum die Akademie einen Aufruf für Demokratie und Zusammenhalt in Brandenburg unterstützt
In Brandenburg, Sachsen und Thüringen finden in diesem Jahr Landtagswahlen statt. Im Frühjahr stehen das Europäische Parlament und die Kommunen an. Seit Monaten steigen in Umfragen die Prozentanteile der extremen Rechten, die das parlamentarische System anfeinden, und autoritäre Regierungen der Ausgrenzung etablieren wollen. Zunehmend werden in der Kommunalpolitik engagierte Menschen mit Hohn und Spott überzogen und sind tätlichen Angriffen ausgesetzt. Eine antidemokratische und demokratieverachtende Stimmung steigt.
Mitten in diesen beklemmenden Entwicklungen offenbarte sich im Januar ein Treffen migrationsfeindlicher Personen aus dem rechten Spektrum. Sie planten gemeinsam Deportationen von Menschen, die nicht ihrer Vorstellung von deutscher Abstammung entsprechen. Die Zusammenkunft fand nur wenige Kilometer vom Haus der Wannseekonferenz entfernt statt und brachte für Hunderttausende in ganz Deutschland das Fass zum Überlaufen. Seit Mitte des Monats wird in den Städten vom Norden bis zum Süden, vom Osten bis zum Westen gegen Rechtsextremismus demonstriert.
Tradition des zivilgesellschaftlichen Widerstands in Brandenburg
In Brandenburg gibt es eine lange Tradition des zivilgesellschaftlichen Widerstandes gegen neonazistische Entwicklungen. In den „Baseballschlägerjahren“ der Neunziger gab es einen Aufstand gegen rechte Morde und Gewalt, gegen den Versuch in den Städten „national befreite Zonen“ einzurichten und die NPD salonfähig zu machen. Im neuen Jahrtausend wurden die faschistischen Großdemonstrationen in Halbe beendet.
Bis vor nicht allzu langer Zeit waren das Randphänomene, die den gesellschaftlichen Frieden bedrohten und Menschen, die anderer Hautfarbe oder Herkunft waren oder alternative Lebensstile pflegten. Es gab viele Gründe, das nicht zu dulden und dagegen aufzustehen.
Jetzt gibt es eine Partei im extrem rechten Spektrum, die immer höhere Zustimmungswerte verzeichnet. Es ist an der Zeit „Halt!“ zu sagen, Haltung zu zeigen und den demokratischen Prozess, Kompromiss und Konsens über weltanschauliche Unterschiede hinweg zu verteidigen. 110 zivilgesellschaftliche Organisationen und 190 Erstunterzeichnende starteten den Aufruf, „Brandenburg zeigt Haltung“. Mittlerweile sind mehr als 3500 Menschen hinzugekommen. Die Zahl der Organisationen und Unternehmen ist auf 200 angewachsen. Schwer zu lösende Probleme stehen im Raum.
Die Evangelische Akademie zu Berlin ist Teil der brandenburgischen Zivilgesellschaft und setzt sich dafür ein, das in der Friedlichen Revolution von 1989 Erreichte weiterzuentwickeln.
Heinz-Joachim Lohmann (Neuruppin) ist stellvertretender Direktor der Akademie und ehemaliger Vorsitzender des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Dieser Text wurde zuerst als Kolumne für die evangelische Wochenzeitung „Die Kirche“ veröffentlicht und erscheint hier mit deren freundlicher Genehmigung.
Erschienen am 31.01.2024
Aktualisiert am 12.02.2024