Einsatz für Menschenrechte in Belarus geehrt
Erster Werner-Schulz-Preis verliehen
Bei einer Festveranstaltung in der Französischen Friedrichstadtkirche ist die Menschenrechtsaktivistin Ina Rumiantseva mit dem neu geschaffenen Werner-Schulz-Preis ausgezeichnet worden. Rumiantseva setzt sich insbesondere für politische Gefangene in Belarus ein. Bei der Preisverleihung würdigte die belarusische Literatur-Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch den mutigen Einsatz vieler Freiheitskämpfender im Osten Europas und beschrieb ihr Land eindringlich als modernen Gulag.
Der Preis erinnert an den 2022 überraschend gestorbenen DDR-Bürgerrechtler und späteren Bundestags- und Europaabgeordneten Werner Schulz, der am Tag der Preisverleihung 75 Jahre alt geworden wäre. Bei der Trauerfeier für Schulz hatte sich eine Gruppe von Freundinnen und Freunden sowie politischen Wegbegleitern verständigt, das politisches Vermächtnis des Verstorbenen weiterzutragen. Gut ein Jahr später, im Januar 2024 gründete sich im Haus der Demokratie die Werner-Schulz-Initiative. Daran erinnerte deren Vorsitzender Thomas Vogel.
Der mit 7500 Euro dotierte Preis soll Menschen, Initiativen und Organisationen aus Zivilgesellschaft oder Kultur, Medien, Politik, Bildung oder Wissenschaft aus einem europäischen Land ehren, die sich in herausragender und konsistenter Weise sowie mit hohem Einsatz für zentrale Anliegen einer gemeinsamen europäischen Verständigungs- und Demokratie-Agenda engagieren. Die Festveranstaltung zu seiner Verleihung richtete die Evangelische Akademie zu Berlin gemeinsam mit der Werner-Schulz-Initiative und der Evangelischen Akademie Sachsen aus.
Frieden als Verteidigung von Würde und Freiheit
Preisträgerin Ina Rumiantseva, geboren 1976 in Ostberlin, war in verschiedenen Unternehmen und Organisationen mit Schwerpunkt Osteuropa tätig. Seit 2020 engagiert sie sich gemeinsam mit ihrem aus Minsk stammenden Mann für die Demokratiebewegung in Belarus. 2021 baute sie für den Verein RAZAM unter anderem die mehr als 100 Expertinnen und Experten und NGOs umfassenden Plattform Arbeitskreis Belarus auf. Zuletzt initiierte sie die Taskforce Belarus, die sich vor allem für die mehr als hundert politischen Gefangenen in Belarus einsetzt. Ein wichtiges Forum für Rumiantsevas Aufklärungsarbeit sind die politischen Andachten in der Berliner Gethsemanekirche, in deren Rahmen sie regelmäßig über die Lage in Belarus berichtet.
In seiner Laudatio auf Rumiantseva betonte der Osteuropahistoriker Karl Schlögel, Belarus sei „keine Leerstelle“, sondern der „zentrale Schauplatz der europäischen Tragödie“ und auch heute wieder Schauplatz des Ringens zwischen Diktatur und Freiheit. Tatsächlich gehöre es zur Mitte Europas. Dies zu erkennen und zu verbreiten, sei das, was Menschen wie Rumiantseva seit Jahren leisteten. Vor den aktuellen Wahlen in Belarus etwa sei viel von Frieden geredet worden. Aber der Friede, den Werner Schulz gemeint habe, sei nicht ein anderer Name für Preisgabe, Kapitulation und Verrat, sondern der Name für die Verteidigung von Würde und Freiheit, die ohne Wehrhaftigkeit nicht zu haben sei, so Schlögel.
Stephan Bickhardt, Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen, wies im Namen der Jury des Preises auf Rumiantsevas Verdienste für Verständigung und Demokratie in Europa hin. Vor allem ihr unermüdlicher Einsatz für die politischen Gefangenen in Belarus verdiene höchstmögliche Anerkennung. Die Preisträgerin wolle Brücken schlagen und „Übersetzerin“ sein zwischen Deutschland und der Zivilgesellschaft in Osteuropa.
Rumiantseva selbst nannte in Ihrer Dankesrede drei Gruppen, die sie auf den Weg ihres heutigen Engagements gebracht und darauf begleitet hätten: ihre Eltern, die zur Wendezeit auch politisch aktiv waren, die evangelischen Pfarrer in Wittenberge, die die Türen für die Opposition zur Zeit der Wende öffneten, und die schon lange vor ihrer eigenen aktiven Zeit engagierten Organisationen der deutschen Zivilgesellschaft, die ihre Aufmerksamkeit erst auf Osteuropa gelenkt hätten.
Eindringlich schilderte die Preisträgerin die schwierige Lage der Gefangenen in den Lagern und Gefängnissen in Belarus. Ihre Auszeichnung widmete sie den Frauen in Belarus, die es vermocht hätten, der Revolution und den Protesten in Belarus 2020 ein Gesicht zu geben und die Proteste ungeachtet aller Repression fortzuführen.
Erschienen am 01.02.2025
Aktualisiert am 01.02.2025