„Räume für respektvollen Austausch bieten“
Christine Rieffel-Braune über künftige Herausforderungen für die Akademie
Christine Rieffel-Braune ist neue Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der Evangelischen Akademie zu Berlin. Die Juristin ist administrative Vorständin der Stiftung Humboldt-Forum. Sie übernimmt das Amt von Gesche Joost, die den Vorsitz wegen ihres neuen Amts als Präsidentin des Goethe-Instituts abgegeben hat. Wir haben mit Christine Rieffel-Braune über ihre Erwartungen an die Arbeit der Akademie gesprochen.
Wo sehen Sie die spezifischen Aufgaben der Evangelischen Akademie im politischen Berlin?
Christine Rieffel-Braune: Die Evangelische Akademie zu Berlin sollte Schlüsselakteure aus Politik, Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft miteinander vernetzen und zur Multiplikatorin für Werte und Lösungsansätze werden. Aus meiner Sicht ist die Akademie eine wichtige Brückenbauerin zwischen Politik, Kirche und Gesellschaft und bringt dabei die evangelische Perspektive ein. Sie kann Impulse zu wichtigen gesellschaftlichen Themen wie Gerechtigkeit, Frieden, Schöpfungsbewahrung und Menschenwürde geben.
Im politischen Berlin als einem Ort, der als Zentrum kontroverser politischer Debatten dient, kann die Akademie Räume für respektvollen Austausch und Verständigung schaffen und damit eine Plattform für den Dialog unterschiedlicher Akteure bieten.
Welcher Themenfelder sollte sich die Akademie annehmen?
Rieffel-Braune: Das Feld möglicher Themen ist groß. Es reicht von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt über Nachhaltigkeit, interreligiösen Dialog und soziale Gerechtigkeit bis hin zu Frieden und globaler Gerechtigkeit. Wichtig erscheint mir, immer den Bezug zu und zwischen einzelnen Menschen im Auge zu behalten und die Bedeutung der Themen für jeden einzelnen zu betonen. Das können auch konkrete Fragen sein, wie etwa wie man mit verschiedenen politischen Ansichten in Familien umgehen, und dabei im Gespräch bleiben kann. Wichtig sind aber auch theologische Reflexionen zu den jeweiligen Schwerpunkten. Bei Themenbereichen wie dem interreligiösen Dialog lassen sich wichtige Fragen von Migration und Teilhabe sehr konkret bearbeiten und Gemeinsamkeiten entdecken. Nicht zuletzt wird es immer wieder auch um die Frage gehen, was jede und jeder Einzelne tun kann, um Armut und Ungleichheit etwas entgegenzusetzen.
Welche Herausforderungen warten aus Ihrer Sicht auf die Akademie?
Rieffel-Braune: Eine Herausforderung ist es schon jetzt, in einer zunehmend säkularen Gesellschaft gehört zu werden und außerhalb klassischer kirchlicher Strukturen Menschen zu erreichen. Die Akademie steht dabei in einer Art Wettbewerb mit anderen Einrichtungen und Plattformen, die gesellschaftliche Diskurse führen. Alle wichtigen Themen sind dabei mit abnehmenden Budgets und angespannten finanziellen Situationen auch bei potenziellen Drittmittelgebenden zu bewältigen. Dies erfordert viel Geduld und Kreativität.
Welche Akzente kann Akademiearbeit in einer zunehmend als polarisiert beschriebenen Gesellschaft setzen?
Rieffel-Braune: Der wichtigste Akzent ist der schon genannte Dialograum, den die Akademie bieten kann. Dabei sollte es auch um die Vermittlung von Dialog- und Konfliktlösungsfähigkeiten gehen. Und darum, Gemeinsamkeiten zu finden und Menschen über Gräben hinweg zu verbinden. Dafür werden wir viele kreative Ideen benötigen!
Zur Person:
Bis 2020 war die Christine Rieffel-Braune fünf Jahre Vorstandsmitglied der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Zuvor war sie zehn Jahre lang beim Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) tätig, zuletzt als Leiterin der Personalabteilung und als stellvertretende Administrative Stiftungsvorständin. Vorständin der Stiftung Humboldt Forum ist die Rechtsanwältin seit 2021.
Die Gesellschafterversammlung der Evangelischen Akademie zu Berlin berät mit der Akademiedirektion über die Programmplanung sowie über inhaltliche, konzeptionelle und pädagogische Angelegenheiten und vereinbart Ziele der Arbeit. Dem Gremium gehören jeweils drei Vertreter*innen der beiden Gesellschafter – Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) – an. Die Mitglieder der Versammlung werden für sechs Jahre berufen. Stellvertretender Vorsitzender ist der Unternehmer Friedhelm Wachs.
Erschienen am 22.01.2025
Aktualisiert am 28.01.2025