Die Finanzierungsprobleme im Gesundheitssystem sind schon seit langem Thema nicht nur der deutschen Gesundheitspolitik. Den sich verschärfenden Knappheitsbedingungen im Gesetzlichen Krankenversicherungssystem liegen eine Reihe von Ursachen zugrunde: der medizinisch technische Fortschritt, die Ausweitung des medizinischen Angebots, der demografische Wandel, das sich verändernde Krankheitsspektrum, die hohe Arbeitslosigkeit, die sinkende Lohnquote und die weitgehend ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Entscheidungen sowohl im Hinblick auf die Ausgabenseite als auch auf die Einnahmeseite des Gesundheitssystems scheinen unausweichlich, um eine ausreichende Gesundheitsversorgung aller sicherzustellen.
Im Fokus der Veranstaltung steht die Frage nach Entscheidungen auf der Ausgabenseite, die notwendig sind, um die begrenzten Mittel angemessen zu verwenden. Wie kann eine gerechte Mittelvergabe durch wen, in welchen Verfahren und anhand welcher Kriterien gewährleistet werden? Hierzu wird in Deutschland seit längerem eine offene und breit angelegte Diskussion darüber, welche gesundheitlichen Leistungen vorrangig (prioritär) bzw. nachrangig (posterioritär) sind, angemahnt. Diese Priorisierungs bzw. Posteriorisierungsdebatte müsse eventuell unausweichlichen Rationierungsentscheidungen vorangehen. Trotz der unterschiedlich strukturierten Gesundheitssysteme lohnt ein Blick ins europäische Ausland, insbesondere nach Skandinavien, da einige Länder mit vergleichbaren Finanzierungsproblemen bereits vor mehr als zehn Jahren damit begonnen haben, neue Strategien zur Ressourcenverteilung im Gesundheitswesen zu entwickeln. Ausgehend von den Erfahrungen in nord und westeuropäischen Gesundheitssystemen soll diskutiert werden, wie in Deutschland eine Prioritätensetzung im Gesundheitssystem aussehen kann. Insbesondere wird zu klären sein, inwieweit gesundheitliche Leistungen bereits heute vor bzw. nachrangig zur Verfügung gestellt werden und nach welchen politischen Verfahren und ethischen Kriterien die breite Öffentlichkeit Ressourcen im Gesundheitssystem verteilen würde.
Wir laden Sie herzlich ein!
Simone Ehm
Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Maria Luise Schneider
Katholische Akademie in Berlin
René Röspel, MdB
Vorsitzender der Enquete Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin"
des Deutschen Bundestages
Eine Kooperation der Evangelischen Akademie zu Berlin mit der Katholischen Akademie in Berlin und der Enquete Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" des Deutschen Bundestages.
ab 11.15 Uhr Anmeldung
12.00 Uhr Begrüßung
Simone Ehm, Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Maria Luise Schneider, Katholische Akademie in Berlin
12.10 Uhr Ressourcenverteilung und Prioritätensetzung in der Gesundheitsversorgung in Europa
Eine Einführung
PD Dr. Georg Marckmann, Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universität Tübingen
Moderation: Simone Ehm, Evangelische Akademie zu Berlin
12.40 Uhr Wer ist verantwortlich?
Entwicklung und Anwendung von Leitlinien und Prioritäten im schwedischen Gesundheitssystem
Torbjörn Malm, National Board of Health and Welfare, Unit for medical guidelines and priorities, Schweden
Moderation: Dr. Wolfgang Wodarg, MdB
13.30 Uhr Prioritätensetzung in der gesetzlichen Krankenversicherung?
Die Situation in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Sozialrechts
Prof. Dr. Volker Neumann
Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Sozialrecht und Staatstheorie, Humboldt Universität zu Berlin
Moderation: Michael Kauch, MdB
14.20 Uhr Kleiner Imbiss
15.20 Uhr Priorisierung im medizinischen Alltag in Deutschland unter Einbeziehung europäischer Erfahrungen
Dr. Jeanne Nicklas Faust, Berlin
Moderation: Prof. Dr. Johannes Reiter, Professor für Moraltheologie, Universität Mainz
16.10 Uhr Fairness, Effizienz, Hoffnung
Gesellschaftliche Präferenzen für die Prioritätensetzung: Ein vergleichender Blick durch Europa
Jun. Prof. Dr. David Schwappach, MPH, Lehrstuhl für Gesundheitspolitik und Gesundheitswissenschaften, Universität Witten Herdecke
Moderation: Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe, Direktor des Instituts für Sozialmedizin, Universität zu Lübeck
17.00 Uhr PODIUMSKUSSION
Priorisierung als Basis für Solidarität
Jun. Prof. Dr. Peter Dabrock, Evangelische Theologie Sozialethik/Bioethik, Universität Marburg,
Prof. Dr. Dr. Klaus Dörner, Hamburg
Dr. Monika Bobbert, Institut für Geschichte der Medizin Bereich Medizinethik, Universität Heidelberg
Prof. Dr. Weyma Lübbe, Lehrstuhl für Praktische Philosophie, Universität Leipzig
Moderation: Prof. Dr. Dietmar Mieth, Katholisch theologisches Seminar, Universität Tübingen
Ausblick: René Röspel, MdB, Vorsitzender der Enquete Kommission
"Ethik und Recht der modernen Medizin"
18.30 Uhr Ausklang mit Imbiss
gegen 19.30 Uhr Ende der Veranstaltung