Nach mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreicher Arbeit der Hospizbewegung in Deutschland ist heute allgemein bekannt, dass Hospiz nicht primär ein Ort ist, ein Haus oder eine Institution, sondern eine Idee, ein Konzept und eine Haltung. Angesichts der Tendenz zur Hospitalisierung, Privatisierung und Individualisierung des Sterbens in unserer Gesellschaft hat die Hospizbewegung maßgeblich dazu beigetragen, die Auseinandersetzung mit Grundthemen menschlicher Existenz, wie Leben, Sterben, Tod, Trauer und Neubeginn, nicht nur als eine persönliche, sondern auch als eine gesellschaftliche Notwendigkeit zu verstehen. Die konkrete Hinwendung zu Sterbenden ist nicht nur als eine Aufgabe für einzelne Menschen, sondern für das Gemeinwesen unverzichtbar.
Die Hospizbewegung hat als eine medizin, pflege und kulturkritische Bürgerbewegung begonnen. Aus dem bürgerschaftlichen Engagement einzelner ehrenamtlich arbeitender Menschen ist mittlerweile eine Bewegung engagierter Fachleute unterschiedlicher Professionen im Umfeld sterbenskranker Menschen geworden. Aus kleinen Hospizinitiativen und Vereinen bildeten sich Kooperationen, beispielsweise mit Diakonischen Werken, und Dachorganisationen, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz (BAG) und, in der evangelischen Kirche, der Arbeitskreis Hospiz. Neben der ambulanten Hospizarbeit nimmt die stationäre immer mehr Raum ein. Die Hospizarbeit hat sich im medizinischen und sozialen Versorgungssystem Deutschlands etabliert und ist in die bestehenden Strukturen des Gesundheitswesens eingebunden.
Setzt die zunehmende Institutionalisierung der Hospizbewegung ihr Grenzen? Was bleibt und was wird aus ihr, wenn sie sich von einer zunächst protestorientierten, von Ehrenamtlichen getragenen Bürgerbewegung weg in die Verantwortung innerhalb des staatlichen Gesundheitssektors bewegt? Widersprechen sich Professionalität und Ehrenamtlichkeit? Gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen haupt und ehrenamtlich Mitarbeitenden? Wie stellt sich christliche Hospizarbeit theoretisch und praktisch den Herausforderungen, Teil der öffentlichen Gesundheitsversorgung zu sein? Kann Nächstenliebe mit einer Krankenversicherung abgerechnet werden?
Wir laden ein, über Fragen der Gegenwart und Zukunft der christlichen Hospizarbeit zu hören und zu reden.
Simone Ehm, Dr. Erika Godel
Evangelische Akademie zu Berlin
Susanne KahlPassoth
Diakonisches Werk BerlinBrandenburg
Donnerstag, 24. Februar 2005
15.15 Uhr Anmeldung, kleiner Imbiss
15.45 Uhr Begrüßung und Einführung
16.00 Uhr Von der Bewegung zur Institution
Geschichte christlicher Hospize
Schwester Adelheid Rieffel, v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel
16.45 Uhr Kann Nächstenliebe abgerechnet werden?
Christliche Hospize als Bestandteil des medizinischen Versorgungs- und Finanzierungssystems
Bernhard Heilmann, Theologe und Organisationsberater, Duisburg
17.30 Uhr Kaffeepause
18.00 Uhr Sterben in Europa unter dem Dach der Schulmedizin?
Entwicklung von (christlichen) Hospizen im europäischen Vergleich
Prof. Dr. Reimer Gronemeyer, Theologe und Professor für Soziologie an der Justus Liebig Universität, Gießen
Anschließende Diskussion
19.30 Uhr Abendessen
Freitag, 25. Februar 2005
9.00 Uhr Christlich Sterben in Organisationen?
Das Profil christlicher Hospizarbeit und die Institutionalisierung von Sterbebegleitung
Prof. Dr. Franco Rest, Professor für Erziehungswissenschaften, Sozialphilosophie / Sozialethik, Fachhochschule Dortmund
10.00 Uhr Praxis christlicher Hospizarbeit
Statements und anschließende Arbeitsgruppenphase:
Mehr als eine "Liturgie der Anwesenheit"?
Ehrenamtliche Tätigkeit im Hospiz
Schwester Ruth Sommermeyer, Luise-Henrietten-Stift Lehnin
Aufgaben und Grenzen ärztlichen Handelns im Hospiz
Renate Gatterfeld, Fachärztin für Anästhesiologie, Berlin
Traumjob: Pfleger/Pflegerin im Hospiz?
Johannes Schlachter, Pflegedienstleitung Ricam-Hospiz, Berlin
Leib und Seelsorge am Ende des Lebens:
Seelsorgerliche Begleitung im Hospiz
André Sebastian Zank Wins, Pfarrer im Diakonie-Hospiz Lichtenberg
13.00 Uhr Mittagessen
14.30 Uhr Zukunft christlicher Hospizarbeit
Podiumsdiskussion
Schwester Adelheid Rieffel, v. Bodelschwinghsche Anstalten Bethel
Roswitha Kottnik, Pfarrerin, Diakonisches Werk der EKD, Stuttgart
Ute Reimann, Dipl.-Supervisorin, Organisationsberaterin, Hospiz Luise, Hannover
Ende gegen 16.30 Uhr