Niederlassungsfreiheit und Öffnung des Arbeitsmarktes nach der EU-Erweiterung – Chancen oder Gefahren für den Standort Berlin?
Seit einem Jahr ist Polen, unser nächster Nachbar im Osten, Mitglied der Europäischen Union. Der Binnenmarkt ist für Kapital und Waren ohne Einschränkungen in Kraft. Für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern wurden zwischen Polen und Deutschland – wie zwischen einigen anderen Ländern auch – branchenabhängig Übergangsfristen von bis zu sieben Jahren vereinbart, um abrupte Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden. In der Logik der Öffnung liegt auch die von Brüssel angestrebte Liberalisierung der Dienstleistungen. Unternehmen sollen überall in der EU zu den Lohn- und Sozialstandards des Herkunftslandes ihre Dienste anbieten dürfen.
In dieser Frage gehen deutsche und polnische Interessen indessen scharf auseinander. Eine entsprechende Richtlinie aus Brüssel stieß in den alten EU-Ländern, zuvörderst Deutschland und Frankreich, auf erbitterten Widerstand. Der Mittelstand fürchtet, dem Kostendruck nicht standzuhalten, Gewerkschaften und Arbeitnehmer fürchten „Lohndumping“ und Abbau von Sozialstandards. Schröder und Chirac haben sich vorerst durchgesetzt - das Inkrafttreten der Dienstleistungsrichtlinie wurde vorläufig gestoppt.
Dagegen liegt der möglichst freie Zugang zu den Märkten im polnischen Interesse, denn nur so wird es diesen Volkswirtschaften möglich sein, auf Dauer Anschluss an die wirtschaftliche Leistungskraft des Westens zu gewinnen.
Wir fragen: Bedroht oder schafft das neue EU-Dienstleistungsrecht Arbeitsplätze? Wie wirkt sich das Handeln der unterschiedlichen Akteure in Berlin und der Grenzregion aus? Welches sind sensible Branchen? Sind Polen und Deutsche mental und kulturell genügend auf die neue Situation vorbereitet? Sehen sie darin eher Chancen zur Kooperation oder ein Bedrohungsszenario? Und nicht zuletzt: Lassen sich mit diesen Themen nationalistische Ressentiments schüren - siehe etwa die DVU- und NPD-Propaganda in Sachsen-Anhalt und Sachsen?
Auf dem Podium diskutieren:
Prof. Dr. Józef Olszyński, Leiter der Wirtschaftsabteilung der Botschaft der Republik Polen in Berlin
Julian Korman, Präsident des Verbandes der Polnischen Dienstleistungsunternehmen in Deutschland, Köln
Thomas Dohmen, Hauptgeschäftsführer der Handwerksammer Berlin
Dr. Herbert Buscher, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt, Institut für Wirtschaftsforschung Halle
Heiko Glawe, Abteilung Wirtschafts- und Strukturpolitik, DGB Bezirk Berlin-Brandenburg
Moderation: Uwe Rada, taz Berlin
Wir hoffen, dieser Abend findet Ihr Interesse und laden dazu herzlich ein.
Ludwig Mehlhorn, Evangelische Akademie zu Berlin
Christian Kutzner, Bürgerforum Berlin e.V.