„Der Tag wird kommen, an dem wieder Menschen berufen werden, das Wort Gottes so auszusprechen, dass sich die Welt darunter verändert und erneuert...“ so hoffte Dietrich Bonhoeffer. Inzwischen ist selbst diese Hoffnung in Vergessenheit geraten. Immer weniger Menschen fühlen sich von der Kirche und in der Kirche angesprochen. Immer mehr bemüht sich die Kirche, in der Welt überhaupt nur wahrgenommen zu werden. Unter den Vorzeichen eines allgegenwärtigen Marktes und allgegenwärtiger Massenmedien haben sich die gesellschaftlichen Koordinaten sehr verändert. Heute bestimmen die Menschen selbst, was sie glauben möchten – und sie haben eine große Auswahl, da sich die kulturellen Grenzen ausgedehnt haben.
Die Kirche sieht sich genötigt, sich auf einem „Markt von Sinnanbietern“ zu behaupten. Ist es da nicht angebracht, sich auch der Sprache des Marktes zu bedienen? Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern?
Muss nicht auch die christliche Theologie auf die Globalisierung reagieren und sich endlich von sperrigen Dogmen befreien, die der interreligiösen Verständigung nur im Wege stehen?
Sind die Menschen, die religiöse Erfahrungen hier und da suchen und auch finden, längst viel weiter als die evangelische Kirche, die immer noch wortlastig allein der Predigt zutraut, Glauben zu wecken?
Welche Predigt könnte die kritisch gewordenen Herzen denn noch erreichen?
Über all diese Fragen wird zu Recht nachgedacht. Was aber, wenn dieses Nachdenken noch zu kurz greift? Müsste die Kirche nicht, will sie ihren Auftrag treu bleiben, etwas schier Unmögliches leisten und der alles durchdringenden Sprache des Marktes Widerstand leisten? Ist es nicht eben diese Sprache, die uns religiös sprachlos gemacht hat, weil sie dem Leben die Tiefendimension nimmt und die sozialen Beziehungen in das Kosten-Nutzen-System presst? „Vielleicht werden wir ja verrückt“ befürchtet Ulla Berkéwicz und ruft dazu auf, Worte zu finden, „mit denen du hören kannst und deinen Krach zum Schweigen bringst, so dass du siehst.“ Das Sprachproblem des Glaubens wird nicht leicht zu lösen sein. Aber so viel ist gewiss: Es ist nicht nur ein Problem der Kirche.
Dr. Erika Godel
Evangelische Akademie zu Berlin
Freitag, den 4. November 2005
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Nicht der Glaube hat ein Sprachproblem, sondern Kirche und Theologie haben ein Wahrheits- und Inhaltsproblem
Prof. Dr. Matthias Kroeger, Professor em. für Kirchen- und Theologiegeschichte an der Universität Hamburg
Ende gegen 21.00 Uhr
Samstag, den 5. November 2005
8.00 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)
9.00 Uhr „Das Wort sie sollen lassen stahn..“
Prof. Dr. h.c. Robert Leicht, Journalist, Hamburg/Berlin
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Die Sprache des Glaubens und die moderne Patchwork-Religiosität
Prof. Dr. Wilhelm Gräb, Professor für praktische Theologie an der Humboldt-Universität, Berlin
12.30 Uhr Mittagessen
15.00 Uhr Die neue Mystik in einer marktorientierten Welt und in einer sprachlosen Kirche
Bernd Winkelmann, Gemeindepfarrer i.R., ehem. Leiter der Evangelischen Familien- und Begegnungsstätte Burg Bodenstein
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Podiumsgespräch der Referenten
Moderation: Angelika Obert, Rundfunkbeauftragte, Berlin
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Wie sagen Menschen was sie glauben. Beobachtungen einer Biographin
Katrin Rohnstock, Verlagsinhaberin, Berlin
Ende gegen 21.00 Uhr
Sonntag, den 6. November 2005
8.00 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)
9.00 Uhr Andacht
9.30 Uhr Dorniger Boden – Verkündigung in der Marktgesellschaft
Angelika Obert, Rundfunkbeauftragte, Berlin
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Abschlussgespräch
12.30 Uhr Mittagessen und Ende der Tagung