Am Beispiel des Mikrofinanzwesens lassen sich viele entwicklungspolitische und wirtschaftsethische Grundeinsichten verdeutlichen. Wenn nach der Ethik der Finanzmärkte gefragt wird, setzt man in diesem Bereich der kleinen Kredite ganz unmittelbar auf menschliche Leistungen, Fähigkeiten und Entwicklungschancen. Da, wo es an verlässlichen Kennzahlen für die Risikobewertung durch die Bank mangelt, geht es sehr deutlich um Verantwortung, um soziale Netze und soziale Kontrolle. Man kann beobachten, wie - zunächst informelle - Institutionen der Kontrolle und der Sicherheit wirtschaftliche Aktivitäten absichern, wie effektiv Transaktionskosten durch soziale Netzwerke begrenzt werden können.
Nicht die Verteilung materieller Güter, sondern die Bereitstellung von Entwicklungschancen für einzelne Personen oder kleine Unternehmungen steht dann im Zentrum des Entwicklungsgedankens. Die Möglichkeit, ein Leben eigenverantwortlich zu führen, eröffnet sich zunächst beim Zugang zu Wissen, zu Kapital und zu Märkten. Damit gewinnt das Kreditwesen – ähnlich wie es im Norden die Raiffeisen-Bewegung praktiziert hat – seine ethische Dimension.
Das kleinmaßstäbige Kreditwesen im Süden bleibt von Kapitalzuflüssen aus dem Norden abhängig – privates Kapital spielt die entscheidende Rolle. Soziale Nachhaltigkeit und Erträge müssen indessen keinen Widerspruch bilden. Im Gegenteil, dauerhafte Projekte basieren gerade auf dem ökonomischen Erfolg der Kreditnehmer und der Finanzinstitution gleichermaßen.
Die entwicklungspolitische Bedeutung dieser Finanzierungsform steht im Mittelpunkt der gemeinsamen Tagung von Evangelischer Akademie und Oikocredit, zu der wir Sie herzlich einladen.
Dr. Michael Hartmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Daniel Voigt
Oikocredit e. V.
Samstag, 11. Juni 2005
ab10.15 Uhr Anmeldung und Kaffee
11.00 Uhr Investieren in menschliche Entwicklung
Anforderungen an Anlageprodukte und Finanzinstitutionen
Gert van Maanen, ehem. Vorstand der ING Bank, Amsterdam, Niederlande
mit Diskussion
12.30 Uhr Mittagessen
13.30 Uhr Beispiele für alternative Finanzierungssysteme Mikrokredite – Kredite für die Armen?
- Die Renaissance der Sozialbanken
- Initiativen für die Förderung privater Investitionen in Entwicklung
- Kleinkredite, Beratung, Entwicklungsbanken:
- Lernprozesse für einen wirtschaftlichen Mittelstand?
- Frauen als erfolgreiche Zielgruppe für Mikrokredite
Lavinia Camacho, Agraringenieurin und Agrarbetriebswirtin, Regionalbeauftragte von Oikocredit für die Pazifische Region von Südamerika (Chile, Ecuador, Peru) und Paraguay, Santiago, Chile
Elisabeth Venturo Egoávil, Direktorin von Confianza, Lima
Irene Castro Romero, Kundin von Edpymes Confianza
Dazwischen Kaffeepause
16.00 Uhr Entwicklung und unser Umgang mit Geld
Prof. Dr. h. c. Werner Lachmann PH.D., Volkswirtschaftliches Institut, Friedrich-Alexander-Universität, Erlangen-Nürnberg
17.30 Uhr Ende der Tagung