Frauen müssen als Angehörige des Islam oder des Christentums mit eigenen Erfahrungen, eigenen Gewissheiten und eigenen Überzeugungen ihren Glauben erfassen, wenn sie sich selbstbewusst als Bürgerinnen in einem Staat über Fragen der Politik, im Großen wie im Kleinen, ernsthaft verständigen wollen. Wie sich diese Identität auf der Höhe unserer Zeit in der Bundesrepublik für Frauen unterschiedlicher Religionen herstellt, ist die Ausgangsfrage dieser Tagung.
Wie begeben sich Frauen in ihren jeweiligen Überlieferungszusammenhang? Wie lesen sie ihre Grundlagentexte? Welches Interesse leitet sie? Haben und brauchen Frauen einen eigenen hermeneutischen Schlüssel, um ihre Texte zu verstehen?
Christlich feministische Theologie hat vor Jahren etwas Bescheidenes und zugleich Revolutionäres entdeckt, nämlich die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Interpretation biblischer Traditionen - und folglich des Menschen, der Geschichte und der politischen Strukturen - aus der Sicht derjenigen, die die Welt bis dahin noch nicht benannt haben, das heißt aus der Sicht von Frauen. Erfahrungen von Frauen wurden dabei zum wichtigsten hermeneutischen Kriterium. Ob und wie das Kirche bewegt hat, soll von christlichen Theologinnen reflektiert werden.
Brauchen Musliminnen einen vergleichbaren Schlüssel für ihr Textverständnis des Korans? Empfinden sie eine Differenz zwischen ihren eigenen Erfahrungen und ihren Glaubenstraditionen, oder nicht? Muslimische Theologinnen geben Einblick in ihre Arbeit.
Unterschiedliche Glaubenswahrheiten aufeinander zu beziehen, erfordert hermeneutische Kompetenz, also Vertrauen, im jeweils eigenen Glauben willkommen und zu Hause zu sein. Wir laden herzlich dazu ein, diese Zugehörigkeiten zu erleben.
Dr. Erika Godel, Evangelische Akademie zu Berlin
Hayrettin Aydin, Muslimische Akademie in Deutschland
Samstag, 25. März 2006
11.00 bis 13.00 Uhr Ankunft
13.00 Uhr Beginn der Tagung mit dem Mittagessen
14.00 Uhr Begrüßung und Einführung
14.30 Uhr Frauen in Deutschland lesen den Koran
Einführung in die kulturellen und geschlechtsspezifischen Bedingungen beim Umgang mit Grundlagentexten des Glaubens
Rabeya Müller, Zentrum für Islamische Frauenforschung, Köln
16.00 Uhr Kaffee
16.30 Uhr Frauen in Deutschland lesen die Bibel
Die Bedeutung der Hermeneutik
PD Dr. Gerlinde Baumann, Fachbereich Evangelische Theologie (Altes Testament), Philipps-Universität, Marburg
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Gelegenheit zu Gesprächen
Sonntag, 26. März 2006
8.00 Uhr Frühstück
9.00 Uhr Textarbeit
Muna Tatari, Islamwissenschaftlerin, Hamburg
10.30 Uhr Kaffee
11.00 Uhr Textarbeit
PD Dr. Luzia Sutter-Rehmann, Theologisches Seminar (Neues Testament), Basel
12.30 Uhr Mittagessen
13.30 Uhr Was bewirkt die Lektüre des Korans von Frauen?
Die gesellschaftspolitische Dimension des Glaubens von Frauen
Hamideh Mohagheghi, Theologin, Muslimische Akademie / HUDA-Netzwerk für muslimische Frauen
14.30 Uhr Tagungskommentar
aus muslimischer Sicht
Riem Spielhaus, Islamwissenschaftlerin, Humboldt-Universität, Berlin
aus christlicher Sicht
Dr. Gerdi Nützel, Theologin, Berliner Missionswerk
15.30 Uhr Kaffee
Ende der Tagung gegen 16.00 Uhr