Evangelischer Glaube gab einem Teil der industriellen Gründer Deutschlands klare Orientierungen für die Organisation der eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten, des unter-nehmerischen Führungshandelns. Protestantismus wird von Max Weber folgerichtig als eine religiöse Lebensführung charakterisiert, die zu wirtschaftlichem Erfolg führt. Und auch bei evangelischen Theologen wie Ernst Troeltsch findet sich die Beschreibung einer religiösen Lebensführung und der daraus folgenden moralischen Ökonomie kleiner Gemeinschaften, zu denen auch das Unternehmen gerechnet werden kann. Die Diskussionen um gute Unternehmensführung, um ethische Orientierungen und notwendige normative Grenzziehungen wirtschaftlichen Handelns zeigen uns aus der Sicht der Wirtschaft: Werte und persönliche Moral werden zum sozialen Kapital einer Organisation. Und Missbräuche von Macht und Verlust von Vertrauen verursachen schließlich vermeidbare Transaktionskosten. Dass aber Glauben und Lebensführung, evangelische Freiheit einerseits und Verantwortung in den Dingen des Alltags und Berufes andererseits in einer sehr persönlichen Dimension zusammen gehören, geriet in der religiösen Praxis der Kirche über lange Zeit aus dem Blickfeld. Das beginnt sich nun zu ändern. Wie wirkungsmächtig sind die von Max Weber beschriebenen Traditionen in der Gegenwart? Gibt es einen neuen Blick auf den Zusammenhang zwischen evangelischem Glauben, Lebensführung und unternehmerischem Führungshandeln, der den aktuellen wirtschaftlichen Realitäten angemessen ist und dem Anspruch, als Christ für die Welt zu handeln, gerecht werden kann? Zu Gesprächen über diese Fragen laden wir Sie herzlich auf den Berliner Gendarmenmarkt ein.
Dr. Michael Hartmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Freitag, 16. Juni 2006
9.30 Uhr Kaffee im Foyer
10.00 Uhr Begrüßung und Einführung
10.15 Uhr Berufung oder Job?
Wandlungen des Arbeitsethos und das christliche Verständnis vom Beruf
Manfred Kock, Präses und Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland i. R., Köln
anschließend Aussprache
11.15 Uhr Kaffeepause
11.45 Uhr Braucht Unternehmensführung ein moralisches Gesicht?
Impulsvorträge und Diskussion:
Jürgen Kösters, Mitglied des Vorstandes der Norddeutschen Landesbank, Hannover
Wolf Lotter, leitender Redakteur, Wirtschaftsmagazin brand eins, Hamburg
13.00 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Protestantismus als Lebensführung
Gibt es eine evangelische Unternehmerethik?
Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Graf, Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik, Ludwig-Maximilians-Universität München
anschließend Aussprache
15.15 Uhr Kaffeepause
15.45 Uhr Führen im Grenzbereich
Wie viel Moral kann sich die Unternehmensführung in der Krise leisten?
Podium/Diskussion:
Bernhard Fischer-Appelt, Geschäftsführer, fischerAppelt Kommunikation, Hamburg
Dr. Ernst-Wilhelm Händler, Schriftsteller und Unternehmer, Regensburg
Manfred Kock, Präses und Ratsvorsitzender der EKD i.R., Köln
Prof. Dr. Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Hannover
gegen 17.00 Uhr Abendimbiss, Ende der Tagung