Auch im 16. Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung gibt es noch Fremdheit und Unverständnis zwischen den Menschen in den neuen und alten Bundesländern, so wie es allerdings auch weiterhin Fremdheit und Unverständnis zwischen den Menschen aus der ehemaligen DDR gibt, je nach ihrem alten Verhältnis zum Herrschaftssystem der SED. Wir haben es also nicht nur mit einem Ost-West-Problem zu tun, sondern sehr grundlegend mit unterschiedlichen Vorstellungen von Gesellschaft, Politik und Menschenwürde in der ehemaligen DDR und im heutigen Deutschland.
Um die vielfältigen, in der alten Bundesrepublik in der Zeit der Teilung entwickelten Bilder vom kulturellen, sozialen und politischen Leben jenseits der Grenze geht es bei dieser Tagung.
Es soll untersucht werden, wie die DDR in den Beziehungen, die es während der vier Jahrzehnte zwischen beiden deutschen Staaten in unterschiedlicher Intensität gab, wahrgenommen wurde. Mit welchen Intentionen und mit welcher Blickrichtung haben Journalisten und Sozialwissenschaftler die DDR beschrieben? Wie hat die westdeutsche und Westberliner Bevölkerung in familiären Begegnungen, in Gemeindekontakten, in beruflicher Zusammenarbeit und auf touristischen Reisen die DDR wahrgenommen, welches Bild der DDR vermittelten Literatur, Funk und Fernsehen? Welche Bewertungen des DDR-Systems finden sich in den Äußerungen bundesdeutscher Politiker? Wie haben politische Interessen in der Bundesrepublik die Wahrnehmungsmuster geprägt und welche Rolle spielten DDR-Bilder in den ideologischen Richtungskämpfen?
Unsere Tagung will durch kritische Analysen herausfinden, wodurch der Blick auf die realen Verhältnisse der DDR ggf. behindert, getrübt, eingeengt oder auch geschärft und erweitert wurde. Außerdem soll untersucht werden, welche Bilder von der DDR seit dem Umbruch revidiert wurden, welche zu Recht oder zu Unrecht noch Bestand haben und als Stereotype möglicherweise den Einigungsprozess erschweren.
Dr. Ronald Hirschfeld, Bundeszentrale für politische Bildung
Dr. Falco Werkentin, Der Berliner Landesbeauftragte für die Stasiunterlagen
Ulrike Poppe, Evangelische Akademie zu Berlin
Freitag, den 7. April 2006
17.00 Uhr Anmeldung, Kaffee
18.00 Uhr Abendessen
19.00 Uhr Begrüßung und Einführung in die Tagung
Ulrike Poppe, Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Ronald Hirschfeld, Bundeszentrale für politische Bildung
19.15 Uhr Die anderen Deutschen
Eindrücke von der DDR durch Besuchsreisende zwischen 1969 bis 1990
Umfrageergebnisse durch Infratest
Dr. Anne Köhler, Politik- und Kommunikationswissenschaftlerin, von 1968 - 1990 Infratest München und Berlin
20.30 Uhr Besuchsland DDR
Erinnerungen an das Land „da drüben“
Zeitzeugengespräch mit Michael Scherrmann, M.A.
Studienleiter, Evangelische Akademie Bad Boll
Ende gegen 21.30 Uhr
Sonnabend, den 8. April 2006
9.15 Uhr Von der Hallstein-Doktrin zum roten Teppich für Honecker
Ansichten zur DDR in der bundesdeutschen Politik
Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk, Historiker, Fachbereichsleiter in der Abt. Bildung und Forschung der BStU, Berlin
10.45 Uhr Kaffeepause
11.15 Uhr Die DDR als Forschungsobjekt
Wahrnehmungen und Leerfelder in den Sozialwissenschaften
Dr. Gisela Hellwig , 1965-2003 Redakteurin des SBZ- bzw. Deutschlandarchivs, Köln
12.30 Uhr Mittag
14.30 Uhr Kommunismus hinter der Mauer
Das DDR-Bild in bundesdeutschen Schulbüchern
Dr. Andreas Helmedach, Historiker, Georg-Eckert-Institut, Braunschweig
Das DDR- Bild bei bundesdeutschen Lehrern und Schülern
Bernd Eisenfeld, ehem. Referent am Gesamtdeutschen Institut, Berlin
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Brüder und Schwestern
Wahrnehmungen über kirchliche Kontakte
Hans-Jürgen Röder, Epd-Landesdienst Ost, Berlin
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Die veröffentlichte Meinung zur DDR
Zum DDR-Bild im bundesdeutschen Fernsehen
Journalistische Beiträge zur DDR in den 70er und 80er Jahren
Vorgestellt von Elena Demke, LStU, Berlin
Anschließend: Gespräche mit Journalisten
Karl-Heinz Baum, DDR-Korrespondent der Frankfurter Rundschau von 1977 – 1990
Jürgen Engert, ehem. Chefredakteur des SFB, Berlin
Marlies Menge, DDR-Korrespondentin der ZEIT von 1977 – 1999, Berlin
Fritz Schenk, 1971-1988 Co-Moderator des „ZDF-Magazin“, 1988-1993 Chef v. Dienst der Chefredaktion des ZDF, Frankfurt/M.
Moderation: Christian Booß, Pressesprecher der BStU, Berlin
Sonntag, den 9. April 2006
9.15 Uhr Andacht
10.00 Uhr Antikommunistisches Feindbild oder Projektionsfläche für soziale Utopien
Zur Funktion von DDR-Bildern in bundesrepublikanischen Richtungskämpfen
Dr. Rüdiger Thomas, Historiker, ehem. Bundeszentrale für politische Bildung
10.45 Uhr PODIUM Stereotype DDR-Bilder und neue Wahrnehmungen
Zum Perspektivwechsel auf die DDR-Geschichte und seiner Bedeutung im deutschen Einigungsprozess
Prof. Dr. Martin Sabrow, Historiker, Zentrum für Zeitgeschichtliche Forschung, Potsdam
Regina Mönch, Redakteurin, FAZ, Berlin
Olaf Georg Klein, Dipl.-Theol., Schriftsteller und Berater (Personalcoach), Berlin
Moderation: Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk
13.00 Uhr Mittagessen und Ende der Tagung