Ost-West-Europäischer Erfahrungsaustausch zur Praxis in Museen und Bildungseinrichtungen
Die Erinnerungskultur in den ost- und ostmitteleuropäischen Ländern ist von den traumatischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts geprägt. Neben den nationalsozialistischen Gewaltverbrechen ist – anders als im Westen Europas – das von sowjetischen und kommunistischen Regimes zu verantwortende Unrecht im Geschichtsbild dominant. Die politische Kultur dieser Länder, zu denen auch Deutschland gezählt werden muss, wird bis heute von der Erfahrung mehrerer Diktaturen geprägt.
Das Kreisauer Gedenkstättenseminar nimmt sich dieser besonderen Situation an. Der Umgang mit unterschiedlichen Verbrechens- und Unrechtskomplexen wird im Spiegel der unterschiedlichen Länder und ihrer Geschichte diskutiert. Die Geschichtsdebatten der letzten Jahre haben gezeigt, dass es für alle Länder gleichermaßen notwendig ist, sich in Zeiten von Systemveränderungen und rasanten gesellschaftlichen Wandels ihrer Vergangenheit zu versichern. Vor dem Hintergrund dieser Diskussionen sollen die Gedenkkultur und die Gedenkstättenarbeit im Blick auf die Vermittlung von Geschichte an jüngere Generationen besprochen werden.
Wie in jedem Jahr werden die Erfahrungen in einzelnen Einrichtungen und Projekten ausgehend von einem Schwerpunktthema diskutiert. In diesem Jahr stehen Geschichte und Gedenkkultur in der Ukraine im Mittelpunkt, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen zu den Nachbarländern Russland, Belarus und Polen.
Das zum vierten Mal stattfindende Seminar wendet sich in erster Linie an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter(innen) in Gedenkstätten, Museen und Projekten, die sich mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen. Pädagogen, Wissenschaftler, Studierende und Journalisten aus West- und Osteuropa sind eingeladen, sich vergleichend über ihre Arbeit auszutauschen.
Annemarie Franke
Stiftung Kreisau
Dr. Anne Kaminsky
Stiftung Aufarbeitung
Ludwig Mehlhorn
Evangelische Akademie zu Berlin
Das Projekt wird von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gefördert.
Mittwoch, 10. Mai
bis 17.00 Uhr Anreise und Zimmerbelegung
17.00 Uhr Kaffee, fakultativ: Rundgang durch die Begegnungs- und Gedenkstätte Krzyżowa (Kreisau)
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Einführung in das Programm
Ludwig Mehlhorn, Evangelische Akademie zu Berlin
anschl. Vorstellungsrunde, geselliger Abend zum Kennenlernen und Austauschen
Donnerstag, 11. Mai
9.00 Uhr Gemeinsame und getrennte Erinnerung in Belarus, Polen und der Ukraine
Impulsreferate:
Aktuelle Geschichtsdebatten in der Ukraine
Roman D. Zinkiewicz, Historiker, Politechnische Universität Lemberg
Schwierige Versöhnung. Zur Wolhynien-Debatte 2003
Grzegorz Motyka, IPN Warschau
11.00 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Ethnische Konflikte im Kontext des 2. Weltkrieges als Quelle der Identität von Polen und Ukrainern
Oleksandr Svyetlov, Charkow
Diskussion
Moderation: Annemarie Franke, Stiftung Kreisau
13.00 Uhr Mittagessen
15.00 Uhr Konkurrenz der Opfer?
Holocaust und Zweiter Weltkrieg in der Erinnerungskultur der Ukraine seit 1991
Wilfried Jilge, Historiker, GWZO Leipzig
Holodomor oder Holocaust?
Die Grosse Hungersnot der Ukraine in der westeuropäischen Erinnerungskultur
Prof. Stefan Troebst, Historiker, GWZO Leipzig
16.30 Uhr Diskussion im Plenum
Moderation: Dr. Anne Kaminsky, Stiftung Aufarbeitung
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Aktuelle Fragen der Beziehungen Polen-Ukraine-Deutschland
Gesprächsrunde
Moderation: Ludwig Mehlhorn, Wolfgang Templin
Freitag, 12. Mai
9.00 Uhr Projekttag internationaler Gedenkstätten und Museen
Präsentation des virtuellen Gulag-Museums
Irina Flige, Memorial St. Petersburg
Haus der Begegnung mit der Geschichte – ein Projekt des Zentrums KARTA und der Stadt Warschau
Michal Swetlik, Zentrum KARTA, Warschau
Moderation: Andrea Genest, ZZF Potsdam
11.00 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Werkstattbericht: Das dänische Kalte-Kriegs-Institut
Dr. Thomas de Friis
13.00 Uhr Mittagessen
15.00 Uhr Forum: Methoden der historisch-politischen Bildungsarbeit
Die Arbeit des Instituts für Kirchengeschichte mit und für Jugendliche
Oksana Kulyk, Historikerin, Institut für Kirchengeschichte Lemberg
Bildungsprojekte an der polnisch-ukrainischen Grenze
Mariusz Zajączkowski, IPN Lublin
Moderation: Dr. Bernd Florath, Berlin
18.00 Uhr Abfahrt zum gemeinsamen Abendessen im Restaurant „Fregatta“ im Eulengebirge
Samstag, 13. Mai
9.00 Uhr Auswertung und Vorausschau
ab 11.00 Uhr Abreise