An den östlichen und südlichen Grenzen Europas spielen sich menschliche Katastrophen ab. Menschen ertrinken auf der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer oder den Atlantik, riskieren ihr Leben in Frachtcontainern auf LKWs oder werden gar bei dem Versuch erschossen, Grenzzäune zu überwinden. Viele von denen, die sich auf den Weg machen, sehen in ihrem Herkunftsstaat keine Existenzmöglichkeit mehr, andere suchen Schutz vor Verfolgung oder fliehen vor anderen Menschenrechtsverletzungen. Gelingt es den Schutzsuchenden, die Grenzen Europas zu überwinden, wird ihnen teilweise verweigert, Ihre Fluchtgründe vorzutragen und ein faires Asylverfahren zu durchlaufen.
Die Konzepte der EU-Staaten zur Lösung der Krise an den Grenzen Europas beschränken sich bisher weitgehend darauf, die Sicherung der Grenzen der EU weiter auszubauen. Die EU-Staaten unterstützen sich gegenseitig durch Bereitstellung von Grenzschutzbeamten und Technik zur Verbesserung der Grenzkontrollen innerhalb der gemeinsamen Grenzschutzagentur FRONTEX. Eine Teilung der Verantwortung beim Schutz der Flüchtlinge findet nicht statt. Die bisher geltende Regelung zur Verteilung der Zuständigkeiten für die Durchführung der Asylverfahren, die so genannte Dublin II-Verordnung, leistet dies nicht und hat zudem erhebliche Härten für die betroffenen Asylbewerber zur Folge. Gleichzeitig können Schutzsuchende auf „sichere Drittstaaten“ verwiesen werden, ohne dass sicher gestellt werden muss, dass in den fraglichen Staaten menschen-rechtliche Garantien und ein faires Asylverfahren gewährleistet sind. Zudem hat die EU „Regionale Schutzprogramme“ ins Leben gerufen, mit denen die Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge und die Respektierung der Genfer Flüchtlingskonvention in Ländern jenseits der östlichen Grenzen der EU und im Osten Afrikas verbessert werden sollen. Über deren praktische Auswirkungen ist bisher noch wenig bekannt. Umfassende Vorschläge zur Bekämpfung der Fluchtursachen, die auch kurz oder mittelfristig helfen sollen, gibt es bisher kaum.
Auf dem Symposium soll die Flüchtlingspolitik im Hinblick auf die Krise an den EU-Grenzen analysiert werden. Es soll geprüft werden, inwieweit bestehende Konzepte der Flüchtlingspolitik an den Außengrenzen der EU und jenseits dieser Grenzen die Verpflichtungen des internationalen Flüchtlings- und Menschenrechtsschutzes berücksichtigen, und welche alternativen Konzepte existieren.
Dr. Rüdiger Sachau
Direktor der Evangelischen Akademie zu Berlin
Montag, den 18. Juni 2007
9.00 Uhr Begrüßung
Dr. Rüdiger Sachau
Vormittagsplenum
9.15 Uhr Die Situation an den Grenzen Europas:
Woher kommen die Menschen - wie werden sie behandelt?
Dick Oosting, Leiter des Brüsseler Europabüros von amnesty international
9.45 Uhr Maßstäbe einer menschenrechtskonformen Grenzpolitik
PD Dr. Heiner Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin
10.15 Uhr Podiumsdiskussion:
Wird die Europäische Union ihrer Verantwortung gerecht?
Peter Altmaier, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Berlin
Dr. Gottfried Köfner, UNHCR Regionalvertreter für Deutschland, Österreich und die Tschechische
Republik, Berlin
Doris Peschke, Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), Brüssel
Manfred Weber, MdEP, Brüssel
Richard Williams, EU Repräsentant von ECRE, Brüssel
Moderation:
Bernd Pickert, Vorstandsmitglied die tageszeitung, Auslandsredaktion, Berlin
Öffnung des Podiums und Diskussion – Anwälte des Publikums
12.00 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Arbeitsforen
1. Zugang zu internationalem Schutz an den südlichen Grenzen der EU
Bestandsaufnahme der Situationen, völkerrechtliche Aspekte und Lösungsstrategien
Dr. Ruth Weinzierl, Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin
Susin Park, UNHCR, Genf
Eckehart Wache, Frontex, Warschau Moderation:
Dr. Roland Bank, UNHCR, Berlin
2. Zugang zu internationalem Schutz an den östlichen Grenzen der EU
Zugang, Situation an der Grenze, Drittstaatenregelungen und regionale Schutzprogramme
Karl Kopp, PRO ASYL, Frankfurt am Main
Ferenc Köszeg, Ungarisches Helsinki-Komitee, Budapest
Simone Wolken, UNHCR Regionalvertreterin für Moldawien, Ukraine und Weißrussland, Kiew
Moderation:
Harald Löhlein, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Gesamtverband, Berlin
3. Gründe für den Aufbruch aus dem Herkunftsland – bedarf es Ergänzungen zu den bestehenden Schutzinstrumenten?
Umweltkatastrophen und Ressourcenknappheit als Gründe für die Flucht – Schutzmöglichkeiten im Völkerrecht und im internationalen RechtSteffen Bauer, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Bonn
Prof. Dr. Rainer Hofmann, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Dr. Berthold Huber, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, Frankfurt am Main
Moderation:
Dr. Julia Duchrow, amnesty international, Berlin
4. Verantwortungsteilung innerhalb der EU: Die Auswirkungen von Dublin II
Die Bestimmung des zuständigen Asylstaates, Zugang zum Asylverfahren, Rechtsschutz, Schutz von Familie und Minderjährigen, Haft
Dr. Ralph Göbel-Zimmermann, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Gießen
Dr. Constantin Hruschka, UNHCR, Nürnberg
Elisabeth Lang, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Nürnberg
Marei Pelzer, PRO ASYL, Frankfurt am Main
Moderation:
Katharina Wegner, Diakonisches Werk der EKD, Berlin
5. Auswirkungen europäischer Flüchtlingspolitik in den Herkunftsregionen: Das Beispiel Irak
Rechtliche Bewertung von Fluchtursachen, Strategien zum Umgang mit der Flüchtlingskrise im Irak und den angrenzenden Staaten, aktuelle flüchtlingspolitische Entwicklungen auf der Ebene der EU
Norbert Trosien, UNHCR, Berlin
Uta Saumweber-Meyer, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, NürnbergKatrin Hatzinger, Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD, Außenstelle BrüsselWolfgang Grenz, amnesty international, Berlin
Moderation:
Esther Weizsäcker, Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD, Berlin
14.30 Uhr Kaffeepause in den Foren
16.15 Uhr Thesen zur Wiederbelebung eines europäischen Flüchtlingschutzes
Dr. Reinhard Marx, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main
16.30 Uhr Fluchtursachen und Flüchtingsschutz – Konzepte und Visionen einer europäischen Asylpolitik
Christoph Strässer MdB, Sprecher der Arbeitsgruppe Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin/Münster
17.00 Uhr Diskussion mit:
Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl und Stv. Vorsitzender vom European Council on Refugees and
Exiles (ECRE), Frankfurt am Main
Dr. Reinhard Marx
Christoph Strässer MdB
Moderation:
Dr. Rüdiger Sachau
17.45 Uhr Schlusswort: Prälat Dr. Stephan Reimers, Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Berlin
19.00 Uhr Platz im Boot!
Bootsfahrt mit gemeinsamen Abendessen, Gesprächen und Musik
Während der Tagung ist die Ausstellung „Flüchtling. Stimmen“ von Frau Hadmut Bittiger im Kirchenraum zu sehen.