Man solle, so schrieb es Martin Luther in seinem Sendbrief vom Dolmetschen, dem Volk aufs Maul schauen. Aber er hat nicht gesagt, man solle dem Volk nach dem Munde reden. Diese Unterscheidung hat seither jede Bibelübersetzung zu beachten: Wie muss man die Texte der Heiligen Schrift so übersetzen, dass heutige Hörer überhaupt verstehen können, wovon die Rede ist? Und wie kann man vermeiden, dass der Übersetzer, und folglich auch der Hörer aus ihnen nur vernimmt, was er vernehmen will? Wie kann man erreichen, dass das biblische Wort die objektive Lebenslage des Lesers erreicht, ohne dass seine subjektiv empfundene Lebenslage sich der Botschaft in den Weg stellt?
Der jüngste Versuch einer zeitgerechten Bibelübersetzung, die „Bibel in gerechter Sprache“ hat lebhafte Kontroversen ausgelöst. Das kann beides sein – sowohl ein Zeichen dafür, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hat, als auch ein Indiz dafür, dass sie ihn verfehlt hat. Was nun wirklich der Fall ist, will unsere Tagung zusammen mit Mitarbeitern und Kritikern der „Bibel in gerechter Sprache“ klären – und zwar so, dass wir mit Martin Luther dem Volk aufs Maul schauen, wenn es um das Verständnis der Texte geht; dass wir aber vor allem, um Luthers Formulierung umzukehren, dem lieben Gott aufs Maul schauen, um zu verstehen, was er uns sagen will.
Dr. Erika Godel
Prof. Dr. h. c. Robert Leicht
Dr. Rüdiger Sachau
Freitag, den 23. Mai 2008
17.30 Uhr Anmeldung
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Wenn ich dem lieben Gott aufs Maul schaue…
Prof. Dr. h .c. Robert Leicht
Ende gegen 21.00 Uhr
Samstag, den 24. Mai 2008
ab 8.00 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)
8.45 Uhr Andacht
9.15 Uhr Was heißt „übersetzen“?
Fragen der Hermeneutik heute
Prof. Dr. Stefan Alkier, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt am Main
10.30 Kaffeepause
11.00 Uhr Textgetreu und Bekenntnisgemäß?
Zum Versuch, das soziale Engagement im Neuen Testament mit dem Glauben an den auferstandenen Christus beieinander zu halten.
Prof. Dr. Jens Schröter, Universität Leipzig
Prof. Dr. Klaus Wengst, Ruhr-Universität Bochum
12.30 Uhr Mittagessen
14.30 Uhr Mitgemeint oder Dabeigewesen?
Zum Versuch, Frauen in neue Bibelübersetzungen „einzulesen“
Prof. Dr. Helga Kuhlmann, Universität Paderborn (angefragt)
Prof. Dr. Melanie Köhlmoos, Georg-August-Universität Göttingen
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Gottes Wort in gerechten und anderen Sprachen?
Zum Versuch, die Wurzeln des Christentums im Judentum zum Ausdruck zu bringen
Prof. Dr. Frank Crüsemann, Kirchliche Hochschule Wuppertal / Bethel
Prof. Dr. Matthias Morgenstern, Institutum Judaicum der Eberhard Karls Universität Tübingen
18.00 Uhr Abendessen
19.15 Uhr „Die Menschen lügen. Alle“ und andere Psalmen.
Eine Begegnung mit dem Schriftsteller Dr. Arnold Stadler
20.00 Uhr Reisesegen
20.15 Uhr Gespräche auf der Terrasse oder am Kamin