Zum sechsten Mal findet vom 23.–26. April 2008 das ost-westeuropäische Gedenkstättenseminar in Krzyżowa (Kreisau) statt, ein Forum für Gedenkstättenmitarbeiter, Pädagogen und Wissenschaftler aus Ost- und Westeuropa, das die Möglichkeit bietet, sich vergleichend über die eigene Arbeit auszutauschen.
In diesem Jahr widmet sich das ost-westeuropäische Gedenkstättenseminar der Frage, wie der Völkermord an den Juden während des Kommunismus erinnert und welchen Stellenwert ihm in der Darstellung der nationalsozialistischen Verbrechen eingeräumt wurde. In einem zweiten Schritt gehen wir dem veränderten Umgang nach den Systemumbrüchen in den ost- und ostmitteleuropäischen Staaten, aber auch in Westeuropa nach.
Mit der Stockholmer Konferenz im Jahre 2000 wurde das Thema Holocaust offiziell zu einem europäischen Erinnerungsort erklärt, dem sich scheinbar alle europäischen Länder gleichermaßen und in ähnlicher Weise annehmen sollten. Erste pädagogische Konzepte ließen auf eine Universalisierung des Themas schließen, die spezifische Zugänge zu nivellieren schienen, die sich aus der eigenen Geschichte während der Zeit des Nationalsozialismus sowie in dem eigenen Umgang mit dieser Periode ergeben.
Die Diskussionen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Perioden des Nationalsozialismus und des Kommunismus nicht gänzlich unabhängig voneinander betrachtet werden können. Diesem Befund wollen wir uns stellen, indem wir der Rezeption des Völkermords an den Juden im Kommunismus nachgehen, seiner Darstellung und Wertung in unterschiedlichen Phasen und Ausprägungen kommunistischer Herrschaft. Darauf aufbauend fragen wir auch nach der Rezeption des Kommunismus heute. Welche Aufgaben stellten sich für historische Aufarbeitung sowie die gesellschaftliche Wahrnehmung? Welche Debatten entstanden aus dem Füllen einer Leerstelle bzw. der Neuinterpretation des Völkermords an den Juden in der eigenen Geschichte?
Der übergreifende Blick auf den Umgang mit Kommunismus und Nationalsozialismus in einem gesamteuropäischen Kontext hat unsere Diskussionen in den letzten Jahren bereichert. Der Workshop versteht sich zugleich als Informations- und Kontaktbörse und hat bereits einige Arbeitskontakte ermöglicht. Neben inhaltlichen und konzeptionellen Fragestellungen werden auch Probleme und Möglichkeiten der Vermittlung einbezogen. Die gemeinsame Diskussion von Forschern und Praktikern aus Russland, der Ukraine, Polen, Belarus, Deutschland und anderen Ländern war in den letzten Jahren stets offen und fruchtbar.
Wir laden Sie herzlich ein zu einem inhaltlich anregenden Gedanken- und Erfahrungsaustausch und der gemeinsamen Suche nach Wegen der Vermittlung – sowohl über die eigenen Landesgrenzen hinaus als auch an die nächsten Generationen.
Bernd Florath - Annemarie Franke - Andrea Genest - Anna Kaminsky - Ludwig Mehlhorn
Mittwoch, 23. April 2008
ab 17.00 Uhr Anreise - Zimmerbelegung
Kaffee
fakultativ: Rundgang durch die Begegnungs- und Gedenkstätte Krzyżowa (Kreisau)
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Einführung in das Programm durch die Veranstalter, Vorstellungsrunde
anschließend geselliger Abend zum Kennenlernen und Austauschen
Donnerstag, 24. April 2008
Erinnerung an den Holocaust – Perspektiven und Standpunkte
9.30 Uhr Die Erinnerung an den Holocaust während und nach der Überwindung des Kommunismus
Bożena Szaynok ( Wroclaw/Breslau)
Diskussion
Moderation: Dr. Anna Kaminsky
11.00 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Unterbrochene Trauer. Der Streit um Gedenken und Erinnern in den nazistischen Konzentrations- und Vernichtungslager in Polen 1944-1950.
Dr. Zofia Woycicka (Warschau)
Umgang mit den Umformungen der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Krystyna Oleksy (Oświęcim)
Moderation: Dr. Andrea Genest
13.30–15.00 Uhr Mittagspause
15.00-16.30 Uhr Der Umgang mit dem Ort Babi Yar
Dr. Boris Zabarko (Kiew)
Die Aufarbeitung des rumänischen Holocaust
William Totok (Berlin)
Moderation: Ludwig Mehlhorn
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Die Geschichte der Gedenkstätte Buchenwald seit 1945 und nach 1989
Rikola-Gunnar Lüttgenau, Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dorau
Moderation: Dr. Bernd Florath
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Am Ende kommen Touristen
Filmvorführung und Diskussion
Moderation: Annemarie Franke
Freitag, 25. April 2008
Projektteil Forum historisch-politischer Bildungsarbeit
9. 00 Uhr Polnisch-israelisch-deutsches Jugendprojekt: Gerechte unter den Völkern
Edith Stein Haus, Breslau
Anna Littke, Teilnehmerin und Wiktoria Miller, Koordinatorin
10.00 Uhr Kaffeepause
10.30 Uhr Der Umgang mit dem Holocaust im Baltikum
Beispiel Gedenkstätte Salaspils (Lettland)
Jurij Vrublevskij
12.00 Uhr Diskussion über Projekterfahrungen der Teilnehmer/innen
13.00–14.30 Mittagspause
15.00 Uhr Exkursion - Besichtigung der Gedenkstätte Groß Rosen.
Führung durch Mitarbeiter vor Ort
19.00 Uhr Abendessen
Samstag, 26. April 2008
9.00 Uhr Auswertungsrunde und Ideen für ein nächstes Mal
11.00 Uhr Ende des Seminars