Der Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 mit dem Geheimen Zusatzprotokoll über die Grenzen der jeweiligen „Einflusszonen“ führte zur abermaligen Teilung Polens und zur sowjetischen Annexion der baltischen Staaten. Schon eine Woche später zeigte sich, dass der Vertrag die letzten Hindernisse für Hitlers Aggressionskrieg gegen Polen beseitigt hatte – mit dem Beschuss der Westerplatte begann am 1. September der Zweite Weltkrieg. Am 17. September okkupierten sowjetische Truppen die Gebiete im Osten Polens (heute teilweise Weißrussland und Ukraine). Bereits am 28. September wurde ein „Grenz- und Freundschaftsvertrag“ geschlossen, in Brest-Litowsk fand eine gemeinsame deutsch-sowjetische Truppenparade statt.
Der Umgang mit diesem Datum ist in Deutschland, Russland und den vom Pakt betroffenen Ländern noch immer höchst verschieden und teilweise konträr – eine Konsequenz aus den unterschiedlichen historischen Erfahrungen und der staatlichen Geschichtspolitik. Die Erfahrungen verdienen es, ernst genommen, offen diskutiert und in der Erinnerungskultur über den nationalen Horizont hinaus berücksichtigt zu werden. Und die staatliche Geschichtspolitik muss kritisch nach ihrer politischen Funktion befragt werden. Beides wollen wir bei dieser Veranstaltung tun – nach einer Vergegenwärtigung der Ereignisse mit Hilfe von Bild- und Textdokumenten.
Die Veranstaltung steht in unmittelbarer inhaltlicher und zeitlicher Verbindung mit dem Kreisauer Gedenkstättenseminar, das in gemeinsamer Trägerschaft der Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung, der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Evangelischen Akademie zu Berlin und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand zum 7. Mal stattfindet. Es richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter(innen) von Gedenkstätten und Museen in Ostmitteleuropa sowie an Personen, die sich in Projektarbeit oder Schule und Hochschule mit der Geschichte des Nationalsozialismus und der kommunistischen Diktatur auseinander setzen. In diesem Jahr ist erstmals auch das Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität beteiligt.
Ludwig Mehlhorn
Evangelische Akademie zu Berlin
Programm
18.00 Uhr
Begrüßung
Ludwig Mehlhorn
18.10 Uhr
Der Weg zum Hitler-Stalin-Pakt
Historische Fakten aus deutscher und russischer Perspektive
Dr. Richard Buchner, Berlin
18.30 Uhr
Film-, Bild- und Textdokumente zum Hitler-Stalin-Pakt
von Czesław Miłosz, Manes Sperber, Józef Czapski, Helmuth James von Moltke u.a.
Dr. Andrea Genest, Ludwig Mehlhorn
19.15 Uhr
Denkmäler zur Erinnerung an den Hitler-Stalin-Pakt und Katyn
Dr. Anna Kaminsky, Bundesstiftung Aufarbeitung
19.30 Uhr
Imbisspause
20.30 Uhr
Folgen über 1989 hinaus?
Gespräch mit
Prof. Valters Nollendorfs, Direktor für auswärtige Angelegenheiten des Lettischen Okkupationsmuseums Riga
Andrzej Przewoźnik, Rat zum Schutz des Gedenkens an Kampf und Märtyrertum, Warschau
Prof. Dr. Stefan Troebst, Stellv. Direktor des Geisteswissenschaftlichen Zentrums Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig
Jelena Zhemkova, Gesellschaft Memorial, Moskau
Moderation: Ludwig Mehlhorn