Kaum hat die Evangelische Kirche in Deutschland im Juli 2008 mit einer Denkschrift unternehmerisches Handeln gewürdigt, da werden zwei Monate später die ersten Vorboten des größten Marktversagens aller Zeiten sichtbar.
Gehören in der „Stunde des Staates“, von der allenthalben gesprochen wird, die Einsichten dieser Denkschrift nun schon wieder in den Papierkorb? Ist dem Protestantismus der Vorwurf zu machen, denjenigen Wirtschaftstheorien aufgesessen zu sein, die heute bereits analog zu den gefährlichen Finanzprodukten als ‚toxisch’ bezeichnet werden? Gehört die Denkschrift gemeinsam mit der Krise liberaler Theorien der Ökonomik gleichfalls in den Mülleimer einer ‚Bad Ideas Bank’?
Man hat den Eindruck, dass nach der Suche nach Verantwortlichen unter den Managern nun die Wirtschaftswissenschaften an der Reihe sind. Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt aber auch: Mit der Finanz- und Wirtschaftskrise entfaltet nicht nur das Versagen der Marktakteure und -mechanismen des Finanzsektors folgenschwere Wirkungen. Erkennbar werden auch strukturelle Probleme der betroffenen Volkswirtschaften, die sonst nur in einem normalen konjunkturellen Abschwung zu entsprechenden Anpassungsprozessen Anlass geben würden.
Daher sind Probleme des Finanzsektors, Konjunkturschwankungen und an sich normale Anpassungsprozesse der Unternehmen in diesem kumulativen Prozess einer großen Krise nur schwer abzugrenzen.
Für diese normalen Anpassungsprozesse braucht man Märkte, zur Bekämpfung der Strukturprobleme des Finanzsektors und für die notwendigen Regulierungen wiederum benötigen wir starke Staaten. Soziale Marktwirtschaft ist wieder aktuell.
Diesen kreativen Prozess der Überprüfung gängiger Theorien und wirtschaftspolitischer Dogmen wollen wir auf der Tagung aus Sicht des Protestantismus und insbesondere aus der Perspektive der Denkschrift begleiten.
Dr. Michael Hartmann
Evangelische Akademie zu Berlin
Prof. Dr. Gerhard Wegner
Sozialwissenschaftliches Institut der EKD
Mittwoch, den 22. April 2009
11.00 Uhr Anmeldung und Stehkaffee
11.30 Uhr Begrüßung
Dr. Michael Hartmann, Evangelische Akademie zu Berlin
11.45 Uhr Einführungsvortrag
Prof. Dr. Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Hannover
12.30 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Finanzmarktkrise – Ende unternehmerischer Freiheit?
Impulse:
Prof. Dr. Birger P. Priddat, Lehrstuhl für Politische Ökonomie an der Zeppelin Universität, Friedrichshafen
Prof. Dr. Christoph Stückelberger, Leiter Globethics.net, Genf
Prof. Dr. Paul Windolf, Professor für Soziologie an der Universität Trier
Moderation: Dr. Michael Hartmann
16.00 Uhr Kaffeepause
16.30 Uhr Diskussion im Plenum
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Abendrunde
Die Aktualität der EKD-Denkschrift zum Unternehmertum
Moderation: Cornelia Coenen-Marx, Oberkirchenrätin, Hannover
Donnerstag, den 23. April 2009
8.00 Uhr Frühstück
9.00 Uhr Morgenandacht
Cornelia Coenen-Marx
9.15 Uhr Protestantische Wirtschaftsethik und Soziale Marktwirtschaft
Prof. Dr. Traugott Jähnichen, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der, Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Franz Segbers, Professor für Sozialethik an der Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Lehrstuhl für Systematische Theologie und Theologische Gegenwartsfragen an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Moderation: Prof. Dr. Gerhard Wegner
10.45 Uhr Kaffeepause
11.15 Uhr Nach Krise, ordnungspolitischen Sündenfällen und Neuanfang
Fragen zur Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft
Dr. Reinhard Göhner, Mitglied im Präsidium und Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Präses Nikolaus Schneider, Ev. Kirche im Rheinland
Prof. Dr. Josef Wieland, Wissenschaftlicher Direktor des KIeM - Konstanz Institut für WerteManagement der Fachhochschule Konstanz
Prof. Dr. Gert G. Wagner, Leiter der Längschnittstudie SOEP des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Berlin
Moderation: Prof. Dr. Gerhard Wegner, Dr. Michael Hartmann
12.45 Uhr Mittagessen
Ende der Tagung