Aufgrund zunehmender Flexibilisierung und Globalisierung der Lebens- und Arbeitswelten in westlichen Industrienationen gewinnen Fragen der Zugehörigkeit und des Angenommenseins neue Bedeutung. Damit verbinden viele ihre Vorstellung von Heimat. Während das Heimatverständnis ursprünglich an Grund und Boden gebundenen war, verliert diese Dimension von Heimat heute zunehmend an Bedeutung. Damit wird die soziale Komponente zwar brüchiger, zugleich aber auch deutlicher und wichtiger.
Zudem ist zu beobachten, dass Heimat im Vergleich zu früher immer wieder von jedem Einzelnen konstruiert werden muss. Was aber sind die Voraussetzungen, sich unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts zu beheimaten?
Heimat scheint vor allem die vertraute soziale Lebenswelt zu bezeichnen, die aufgrund moderner Kommunikationssysteme immer weniger lokaler Begrenzung unterliegt. Sie kann durch das Internet ermöglicht werden, wo sich eine Community ihre eigene vertraute Welt schafft. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Menschen auch ihren örtlichen Nahbereich als entscheidende Komponente von Heimat begreifen. Auffällig ist die Reduktion des Heimatbegriffs auf die räumliche Dimension sowie die Instrumentalisierung des Heimatbegriffs z. B. im rechtsradikalen Gedankengut. Zudem können Zeit, kulturelle Tradition und individuelle Lebensgeschichte Dimensionen von Heimat sein. Manche begeben sich auch auf die Suche nach einer Heimat, die eher ein utopisches Konstrukt ist.
Wir wollen auf der Tagung die vielfältigen Aspekte von Heimat sichtbar machen und aufzeigen, wie Beheimatung für den Einzelnen aussehen kann. Und wir wollen fragen, was in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen beigetragen werden kann, um Menschen mit ihren individuellen Vorstellungen von Heimat und unterschiedlichen Lebensformen gerecht zu werden. An Beispielen zeigen wir, wie der Funktionalisierung des Heimatbegriffs begegnet werden kann und wie sich Heimat aneignen lässt, ohne dass dieses gegen das jeweils Fremde gewendet wird.
Dr. Rüdiger Sachau
Simone Ehm
Evangelische Akademie zu Berlin
Prof. Dr. Beate Mitzscherlich
Westsächsische Hochschule, Zwickau
Freitag, 07. Mai 2010
17.00 Uhr Anmeldung / Begrüßungskaffee
17.45 Uhr Einführung
18.00 Uhr Was ist Heimat heute?
Eine psychologische Perspektive
Prof. Dr. Beate Mitzscherlich,
Pflegeforschung, Westsächsische Hochschule, Zwickau
20.00 Uhr Abendessen
21.00 Uhr Heim[at]freuN.de
Ein Film von Carolyn Zeck & Stefanie Müller
Den Dokumentarfilm Heim[at]freuN.de können Sie zum Preis von 10€ (zzgl. 3€ Versandkosten) käuflich erwerben. Hierfür bitten wir Sie unter folgender Emailadresse direkt Kontakt mit Carolyn Zeck aufzunehmen: carolyn_zeck@yahoo.de
Anschließend Gespräche
Ende gegen 22.00 Uhr
Samstag, 08. Mai 2010
ab 7.30 Uhr Frühstück (nur für Übernachtungsgäste)
I. HEIMATGEWINN
9.00 Uhr Heimat und Kindheit
Unterwegs mit dem britischen Dichter
Ted Hughes (1930-98)
Dr. Martin Knechtges,
Philosoph und Wissenschaftlicher Referent an der Katholischen Akademie Berlin,
Herausgeber FUGE -- Journal für Religion und Moderne
10.00 Uhr Kaffeepause
10.30 Uhr Heimat im Lebensrückblick
Bedeutung von Heimat im Alter
Louis-Ferdinand von Zobeltitz,
Pastor i. R. Bremische Evangelische Kirche, Mitglied der EKD-Kommission
„Im Alter neu werden“
11.30 Uhr Heimat als Lebenserfahrung
Arbeitsgruppen
13.00 Uhr Mittagessen
II. HEIMATSUCHE
14.30 Uhr Interkulturelle Heimatfindung
Migration und die Kunst ein Zuhause zu haben
Prof. Dr. Thomas Eppenstein,
Interkulturelle Pädagogik / Migration und soziale Arbeit, Ev. Fachhochschule in
Rheinland-Westfalen-Lippe, Bochum
15.30 Uhr Pause
16.00 Uhr Heimat und Rechtsextremismus
Günther Hoffmann, Verein demokratisches Ostvorpommern
16.45 Uhr Gegenentwürfe zum rechtsextremistischen Heimatverständnis
Beispiele aus der Praxis der Bundeszentrale für politische Bildung
Forum A: Anklam
Heimat und Identität: Zwischen rechter Ideologie und demokratischer Neuorientierung
Günther Hoffmann, Verein demokratisches Ostvorpommern
Annett Freier, Bildungsprojekt zu Entwicklung demokratischer Kultur in der Modellregion Ostvorpommern
Forum B: Niederlausitz
Sorbisch modern - Wie entsteht regionale Identität?
Dr. Christian Pfeffer-Hoffmann, Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft, Berlin
18.30 Uhr Abendbrot
19.30 Uhr Fremd im eigenen Land?
Heimat nach politischem Umbruch
Inga Haese, Hamburger Institut für Sozialforschung
Susanne Lantermann, Gesellschaftswissenschaften, Universität Kassel
anschließend Gespräche
Ende gegen 21.00 Uhr
Sonntag, 09. Mai 2010
ab 7.30 Uhr Frühstück (nur für Übernachtungsgäste)
III. HEIMAT ALS UTOPIE
9.00 Uhr „Unsere Heimat ist im Himmel“ (Phil. 3,20)
Vom Pilgern, der Fremdheit und der Sehnsucht
Dr. Rüdiger Sachau
10.00 Uhr Kaffeepause
10.30 Uhr Leben als Projekt
Mobilität und Postmobilität
Prof. Dr. Rolf Schieder, Lehrstuhl für Praktische Theologie / Religionspädagogik,
Humboldt-Universität zu Berlin
Im Gespräch:
Dr. Malgorzata Mazurek, Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam
(Berlin / Warschau)
Anna Georgia Takoh, Humboldt-Universität Berlin, Vorsitzende AIESEC Deutschland
(Berlin / Kamerun)
12.30 Uhr Mittagessen
13.30 Uhr Ende der Tagung