Die NATO ist auf der Suche nach ihren zukünftigen Aufgaben und damit nach ihrer Identität. 2009 – zu ihrem 60. Jubiläum – stellte sich die NATO der Frage, wie sich die grundlegenden Veränderungen ihrer Voraussetzungen, ihrer Zielsetzung und Arbeitsweise auf ihr Selbstverständnis auswirken. Deshalb wurde vereinbart, auf dem Gipfel im November 2010 ein neues strategisches Konzept zu verabschieden.
Zur Vorbereitung wurde eine Expertengruppe unter dem Vorsitz der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright berufen, die im Mai 2010 ein Papier mit Empfehlungen für das neue strategische Konzept vorgelegt hat. Es soll dem Generalsekretär Anregungen für seinen Entwurf liefern, der die Grundlage für das neue strategische Konzept sein soll.
Dabei geht es um folgende Fragen: Bestätigung und Definition der Beistandsklausel (Art. 5), Nukleare Abschreckung und Rüstungskontrolle, Erweiterung bzw. Partnerschaften, insbesondere das Verhältnis zu den östlichen Nachbarländern und Russland, Auslandseinsätze, insbesondere Afghanistan, neue Bedrohungen/neue Aufgaben, z.B. Raketenschirme, Verhältnis NATO – EU/ESVP – OSZE.
Während auf Regierungsseite in den NATO-Staaten kein Zweifel herrscht, dass der NATO auch unter veränderten Bedingungen eine wichtige Aufgabe in der internationalen Sicherheitsarchitektur zukommt, fragen sich viele Menschen, aber auch NATO-Strategieplaner selbst, ob bzw. wie das Bündnis angesichts neuer Sicherheitsbedrohungen seine alte Bedeutung behalten kann. Der Ansatz eines Militärbündnisses erscheint zu kurz gegriffen, um die Probleme zu bewältigen, die die NATO selbst als die größten Sicherheitsrisiken einstuft.
Vor Verabschiedung des neuen strategischen Konzepts wollen wir mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Militär und Friedensbewegung über die Rolle der NATO in der internationalen Sicherheitsarchitektur diskutieren: Welche Rolle kann ein eigentlich regionales Sicherheitsbündnis bei Konflikten in anderen Regionen oder von globalem Ausmaß spielen? Stützen oder marginalisieren sie die UN? Ist die Konzentration auf das Militärische noch zeitgemäß? Welche Risiken könnten durch andere Akteure besser adressiert werden? Wie zeitgemäß sind bisherige Bündnispolitiken wie das „nuclear sharing“?
Dr. Rüdiger Sachau
Evangelische Akademie zu Berlin
Dienstag, den 2. November 2010
18.00 Uhr Begrüßung
Dr. Rüdiger Sachau, Ev. Akademie
18.10 Uhr NATO-Strategie und die Thesen der Friedensdenkschrift der EKD
Impulsreferat
Brigadegeneral a. D. Dr. Klaus Wittmann, Berlin
18.30 Uhr Rolle und Selbstverständnis der NATO seit Ende des Kalten Krieges
Dr. Jasper Wieck, Leiter der Politischen Abteilung bei der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO, Brüssel
Pastor Renke Brahms, Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche und Friedensbeauftragter der EKD
Otfried Nassauer, Friedensforscher, Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS)
Moderation:
Dr. Rüdiger Sachau, Berlin
Patrick Roger Schnabel, Der Bevollmächtigte des Rates der EKD, Dienststelle Brüssel
19.15 Uhr Gespräch mit dem Publikum
19.45 Uhr Resumée
Laurens Hogebrink, IKV Pax Christi, Utrecht
20.00 Uhr Raum für Gespräche