Die Zahlen sind erschreckend: 11,5 Millionen Menschen in Deutschland lebten nach einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Jahr 2008 an der Grenze zur Armut oder waren von Armut bedroht. Das sind ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. Es ist nicht nur der Mangel an materiellen Ressourcen und Lebenschancen, der den Alltag erschwert. Vielen Betroffenen macht auch die soziale Ausgrenzung zu schaffen, wie Studien des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD ergeben haben. Alleinerziehende, Hartz-IV-Bezieher, Familien, die mit wenig Geld auskommen müssen, und deren Kinder werden an den Rand gedrängt, stigmatisiert und fühlen sich nicht wertgeschätzt. Ganze Stadtteile verarmen und drohen abzurutschen, während es in anderen Stadtteilen und Regionen boomt. Fakt ist: die soziale Ungleichheit nimmt zu. Zugleich haben viele den Eindruck, dass ein Teil der Eliten diese Entwicklung nicht hinreichend wahrnimmt und dass die gesellschaftliche Solidarität schwindet.
Die Europäische Kommission hat das Jahr 2010 zum „Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung“ (EJ 2010) erklärt. Ziel ist, das öffentliche Bewusstsein für die Lage armer Menschen zu schärfen und den sozial Ausgegrenzten den Zugang zu Rechten, Ressourcen und Dienstleistungen zu erleichtern. Ein Leben in Würde und umfassender Teilhabe soll für alle möglich sein. Der soziale Zusammenhalt lebt von der Teilhabe aller. Kirchen, Diakonie und Caritas begrüßen die Ziele des EJ 2010. Kirchen und ihre Werke haben sich bereits in der Vergangenheit auf vielfältige Art und Weise für gerechte Teilhabe stark gemacht – in Form von Denkschriften, politischer Lobbyarbeit und mit ganz konkreten Angeboten und Maßnahmen zur Armutsbekämpfung.
Der „Tag der Kirchen, Diakonie und Caritas“ im Rahmen der nationalen Fokuswoche im Europäischen Jahr richtet sich gezielt an Kirchengemeinden, soziale Netzwerke und gesellschaftlich Engagierte. Es geht um Information, Anregungen, Austausch – und um den Blick über den eigenen Tellerrand. Was können wir tun, damit benachteiligte Bürgerinnen und Bürger besser in die Gemeinde, in die Gesellschaft integriert werden? Wie müssen sich Kirchengemeinden verändern, um Teilhabechancen zu ermöglichen? Wie kann es gelingen, in sozialen Brennpunkten und Quartieren nützliche Angebote für die Bewohner zu entwickeln?
Wir laden Sie herzlich ein, am 25. Juni in Berlin dabei zu sein und mit zu diskutieren. Expertinnen und Experten aus Kirche, Caritas, Diakonie und Wissenschaft geben Einblick in neueste Forschungsergebnisse und lokale Praxis. Politikerinnen und Politiker beziehen Stellung zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, zu Chancengleichheit und dem Phänomen der „working poor“. Für den nötigen Schwung am Nachmittag sorgen die „Power Girls“ aus der Paul Gerhardt Gemeinde.
10.30 Uhr: Begrüßung im Foyer
Prälat Dr. Bernhard Felmberg, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union
10.40 Uhr: Foyer
Kurzvorstellung der Netzwerke und Aktionsgruppen, die Standortprojekte zur Bekämpfung von Armut präsentieren
Moderation: OKRin Cornelia Coenen-Marx (EKD)
11.15 Uhr: Grußworte
Pfarrer Dr. Wolfgang Gern, Sprecher Nationale Armutskonferenz (nak)
Kerstin Griese, Vorstand Sozialpolitik Diakonisches Werk der EKD e.V.
Dr. Frank Johannes Hensel, Diözesan-Caritasdirektor Köln
11.35 Uhr: Impulsreferate (Saal im Obergeschoss)
Prof. Dr. Ernst-Ulrich Huster, FH Bochum: „Arm und sozial ausgegrenzt – Perspektiven in und für Europa“
Martin Schenk, Sozialexperte Diakonie Österreich: „Es reicht für alle – Wege aus der Armut“
12.25 Uhr: Statement Politik
Manuela Schwesig, Ministerin für Soziales und Gesundheit, Mecklenburg-Vorpommern (angefragt)
12.35 Uhr: Präsentation von Studien
Prof. Dr. Gerhard Wegner und Marlis Winkler: „Ausgegrenzt und abgefunden? Armutserfahrungen zwischen Aktivität und Passivität.“ Zwei Studien aus dem Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD
13.05 Uhr: Nachfragen aus dem Plenum
13.30 Uhr: Mittagsimbiss (Raum im Erdgeschoss und Garten)
Gelegenheit für Gespräche mit den Aktionsgruppen und Netzwerken
14.15 Uhr: Referat
Prof. Dr. Werner Schönig, Dekan des FB Sozialwesen der Katholischen Hochschule NRW: „Was kommt nach der Schule: Berufliche Karriere oder Hartz IV?“. Ergebnisse einer neueren Studie zur Resilienz beim Übergang von der Schule in den Beruf
14.40 Uhr: Nachfragen aus dem Plenum
15.00 Uhr: Kaffepause (Obergeschoss)
15.15 Uhr: Auftritt der Berliner PowerGirls
(Foyer, Obergeschoss)
15.30 Uhr: „Gerechte Teilhabe – wie kann das in der Praxis aussehen?“
Podiumsgespräch und Plenumsdebatte mit:
Prof. Dr. Hans-Martin Gutmann, Universität Hamburg
Dr. Frank Johannes Hensel, Diözesan-Caritasdirektor Köln
Andrea Holm, Pfarrerin und Leiterin des Diakonischen Werkes in Ravensburg
Peter Storck, Pfarrer der Kirche Heilig Kreuz-Passion, Berlin-Kreuzberg
Prof. Dr. Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD
Moderation: Ulrike Posch, Führungsakademie für Kirche und Diakonie gAG
16.30 Uhr: Reisesegen
Susanne Kahl-Passoth, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Gesamtmoderation
OKRin Cornelia Coenen-Marx, Referat für Sozial- und Gesellschaftspolitik, EKD
Dr. Michael Hartmann, Ev. Akademie zu Berlin
Foyer:
Aktionsgruppen präsentieren Standortprojekte zur Bekämpfung von Armut