Wir Menschen bilden Grenzen, wo wir aufhören, rückhaltlos miteinander zu sprechen, und wir Menschen beseitigen Grenzen, wo wir anfangen, miteinander so zu sprechen als hätten wir keine Geheimnisse voreinander.
Eugen Rosenstock-Huessy, Dienst auf dem Planeten
Zwanzig Jahre nach der deutschen Einheit ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: In welcher Verfassung präsentiert sich unser Land seiner internationalen Mitwelt – politisch, wirtschaftlich-sozial, kulturell? Ist die Bürgergesellschaft stark genug, um demokratiegefährdenden Tendenzen entgegenzuwirken? Reagieren wir angemessen auf die Herausforderungen der globalisierten Welt? Oder haben wir uns, als eines der reichsten Länder der Erde, in den bestehenden Verhältnissen bequem eingerichtet? Ist unsere politische Kultur „auf der Höhe der Zeit“? Und ist, wie hin und wieder im Ausland geargwöhnt wird, der Eindruck richtig, wir seien gerade dabei, unser Geschichtsbild zu revidieren?
Für fast alle unsere Nachbarn war die Vereinigung nach friedlicher Revolution, Mauerfall und politischem Umbruch in Ostmitteleuropa nicht nur Teil der Lösung eines alten Problems – der Blockkonfrontation und der Spaltung Europas –, sondern zugleich mit Unsicherheiten, teilweise sogar Ängsten im Blick auf die Zukunft verbunden. Wohin würde sich dieses größere, seit dem Untergang des „Dritten Reiches“ erstmals souveräne Land entwickeln? Wie hat sich das Bild von Deutschland in diesen zwanzig Jahren verändert?
Wir wollen in einer Reihe von Abendveranstaltungen das Gespräch mit Menschen suchen, die „von außen“ auf Deutschland blicken und verbinden damit die Hoffnung, zu einer besseren Selbstwahrnehmung zu gelangen. Für den ersten Abend haben wir Menschen der jüngeren und mittleren Generation eingeladen, die heute ihren Lebensmittelpunkt in Berlin haben. Sie werden berichten, wie sich ihr Bild von Deutschland in den letzten zwanzig Jahren verändert hat. Die in Inhalt und Form unterschiedlich gestalteten Abende sollen durch Eugen Rosenstock-Huessys Empfehlung zur Beseitigung von Grenzen miteinander verbunden sein – rückhaltlos miteinander zu sprechen.
Ludwig Mehlhorn
Evangelische Akademie zu Berlin
18.00 Uhr Begrüßung
Ludwig Mehlhorn
18.10 Uhr Gespräch mit
Odile Bour, Frankreich,
Politikwissenschaftlerin, Sciences Po Paris und Universität Münster
Yulia Erner, Ukraine,
Graduate School of Social Sciences, Humboldt-Universität zu Berlin
Kornelia Konczal, Polen,
Historikerin, Zentrum für historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Berlin
Ende gegen 20.30 Uhr
Die Veranstaltung findet in deutscher Sprache statt.