Die Finanzkrise hat in den Augen vieler Menschen ihre zentrale Ursache in der Spekulation von gierigen Finanzinvestoren. Rettungsschirme in Höhe von vielen hundert Milliarden Euro für hochverschuldete Euroländern und Banken verstärken den Eindruck, dass sich Spekulanten auf Kosten der Steuerzahler sanieren und ihre Verluste so minimieren.
In der öffentlichen Diskussion bleibt oft unklar, ob das Spekulieren per se für destruktiv gehalten wird oder nur das Spekulieren auf Kosten Dritter. In der Wirtschaftsethik ist es umstritten, ob Spekulation per se verwerflich ist. Bei gleichen Zugangsmöglichkeiten der Akteure zu Informationen kann Spekulation Marktungleichgewichte anzeigen, zukünftige Krisen vermeiden oder deren Folgen mindern helfen und auf langfristige Knappheiten von Ressourcen aufmerksam machen. Werden spekulative Geschäfte also erst dann moralisch fragwürdig, wenn Informationsasymmetrien hinzutreten, also etwa Insiderhandel vorliegt? Oder sind Preissteigerungen, Versorgungsengpässe oder systemische Krisen gute Gründe, um Spekulation moralisch abzulehnen?
Auf der Tagung wollen wir fragen: Was unterscheidet Spekulation von nicht-spekulativen Geschäften auf (Kapital-)Märkten? Ist die Spekulation ein unverzichtbares Instrument zur Absicherung gegen Preis- und Kursschwankungen in der Zukunft? Gibt es Märkte – etwa für Lebensmittel – auf denen Spekulation beschnitten werden müsste? Sind wir nicht alle Spekulanten, wenn wir auf Preissenkungen im Schlussverkauf spekulieren oder das Geld auf Tagesgeldkonten parken in der Hoffnung auf steigende Zinsen? Wo liegen die Unterschieden zwischen der alltäglichen und der professionellen Spekulation, die eine andere moralische Bewertung legitimieren?
Wir freuen uns auf die Diskussion dieser Fragen mit Ihnen.
Dr. Rüdiger Sachau
Direktor der Evangelischen Akademie zu Berlin
Joachim Hake
Direktor der Katholischen Akademie in Berlin
Prof. Dr. Michael Hüther
Direktor des Instituts
der deutschen Wirtschaft Köln
10.30 Uhr Anmeldung
11.30 Uhr Eröffnung und Begrüßung
V.Prof. Dr. Dominik Enste
Kompetenzfeldleiter Institutionenökonomik, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Forum I:
Wozu Spekulation?
Vortrag:
Spekulation wozu? Die ethische Seite des Bankgeschäfts
Heinrich Haasis,
Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Berlin
12.00 Uhr
Vortrag:
Spekulation und Systemische Risiken
Prof. Michael Hüther,
Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln
Podiums- und Plenumsdiskussion mit den Vortragenden
13.00 Uhr Imbiss
14.00 Uhr
Forum II:
Lebensmittel als Spekulationsobjekt?
Kurzvortrag:
Was bedeutet Spekulation in Agrarrohstoffmärkten
für Hersteller und Kunden?
N.N.
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Berlin
14.20 Uhr Kurzvortrag:
Nahrungsmittelspekulation, Lebensmittelpreise und Welternährung – Was haben Ernährungssicherheit und Termingeschäfte miteinander zu tun?
Michael Windfuhr
Stellv. Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Berlin
14:40 Uhr Podiums- und Plenumsdiskussion mit den Vortragenden
15.15 Uhr Kaffeepause
15.45 Uhr
Forum III
Spekulanten - Böcke oder Gärtner im Finanzmarkt?
Statement:
Dr. Volker Wissing
MdB, Stellv. Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, Berlin
Podiumsdiskussion:
Dr. Volker Wissing
MdB, Stellv. Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Dr. Manfred Jäger-Ambrozewicz,
Senior Economist,
Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Prof. Dr. Joachim Wiemeyer
Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre, Universität Bochum
17.00 Uhr Zusammenfassung der Ergebnisse
17.15 Uhr Ende der Veranstaltung