Das ost-westeuropäische Gedenkstättenseminar richtet sich an haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen von Gedenkstätten oder Museen und Personen, die sich in Projektarbeit oder Schule und Hochschule mit der Geschichte von Nationalsozialismus, dem Völkermord an den Juden, Stalinismus und kommunistischer Diktatur sowie anderen Formen totalitärer Gewaltherrschaft und des Widerstandes dagegen auseinander setzen. Das Seminar versteht sich als Forum für den gesamteuropäischen Erfahrungsaustausch von Vertretern aus der Praxis, die in der historisch-politischen Bildungsarbeit tätig sind.
Das 9. Gedenkstättenseminar in Kreisau beschäftigt sich mit Konzepten der europäischen Einigung in den politisch aktiven Zentren der Emigration im Westen und der demokratischen Opposition in den kommunistischen Ländern. Die Motivation für diese Themenwahl ist das in den nächsten Jahren in Brüssel entstehende "Haus der europäischen Geschichte“, in dessen Mittelpunkt die Geschichte der europäischen Einigung nach 1945 stehen soll.
Die Spaltung des Kontinents in Ost und West – demokratische und nicht-demokratische Staatssysteme – war kein ‚natürliches Ergebnis‘ des Zweiten Weltkriegs. Davon zeugen bereits die Nachkriegsplanungen, die Widerstandsgruppen quer über Europa verteilt für die Zeit nach dem erhofften Sieg über das „Dritte Reich“ entwickelt hatten. So spricht Ernst Friedländer von der „Geburt des europäischen Föderalismus aus dem Geist des Widerstandes“. Die Lehre, die aus dem Versagen des Völkerbundes und dem erstarkten Nationalismus, insbesondere dem Nationalsozialismus, zu ziehen war, hieß europäische Einigung.
Mit dem Errichten des Eisernen Vorhangs drohte die östliche Hälfte des Kontinents aus westlicher Perspektive in Vergessenheit zu geraten und wäre wohl gänzlich aus dem Blickfeld der westeuropäischen Öffentlichkeit verschwunden, hätte es nicht Emigranten gegeben, die in Zeiten des Kalten Krieges versuchten, individuell und durch eigens gegründete Zeitschriften und Zirkel die östlichen Erfahrungswelten nicht dem Vergessen anheim fallen zu lassen. Zudem sahen sie es als ihre Aufgabe, das oppositionelle Milieu im Heimatland zu unterstützen sowie vielfach einen Meinungspluralismus anzuregen, der demokratische und liberale Werte zur Grundlage hatte. Inwieweit ist diese Stimme gehört worden und wie wird ihre Geschichte heute aufbewahrt? Wie verhalten sich gerade die Herkunftsländer, auf die ein großer Teil der Publikations- und Hörfunktätigkeit hin zielte, zu diesem Teil ihrer Geschichte, bedenkt man, welche Bedeutung das geistige Erbe der politischen Emigration in der Zeit der Transformation nach 1989 gewann.
Wir laden herzlich zur Teilnahme ein!
Dr. Bernd Florath
Annemarie Franke
Dr. Andrea Genest
Dr. Anna Kaminsky
Ulrike Kind/Ludwig Mehlhorn
Dr. Burkhard Olschowsky
Eine Kooperation
der Gedenkstätte Stiftung Kreisau,
der Evangelischen Akademie zu Berlin und
der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
in Verbindung mit
dem Europäischen Netzwerk Erinnerung und Solidarität und
der Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin
Mittwoch, 30. März 2011
nachmittags ab 17.00 Uhr Anreise – Zimmerbelegung
Kaffee
fakultativ: Rundgang durch die Begegnungs- und Gedenkstätte Krzyżowa (Kreisau)
18.30 Uhr Abendessen
19.30 Uhr Einführung in das Programm durch die Veranstalter, Vorstellungsrunde
anschließend geselliger Abend zum Kennenlernen und Austauschen
Donnerstag, 31. März 2011
Politische Emigration als Teil der Oppositions- und Widerstandsbewegungen in Mittel- und Osteuropa
9.30 Uhr Uhr Prof. em. Wolfgang Eichwede (Bremen)
Forschungsstelle Osteuropa
10.15 Uhr Kaffeepause
10.45 Uhr Die Beziehungen des politischen Exils zu ihren Gastländern in Westeuropa und den USA. Wahrnehmung und Einfluss.
Leszek Szaruga, Warschau (angefragt)
Nachfragen und Diskussion beider Vorträge
13.00 Uhr Mittagspause
Wahrnehmung und Wirkungsweise des Exils – Beispiele
15.00 Uhr Prof. Vilem Precan : Das Archiv der tschechoslowakischen Opposition und das Dokumentationszentrum Scheinfeld
Anna Bischof, Collegium Carolinum: Die Arbeit des Radio Free Europe
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Piotr Olszówka (Berlin) : Das Beispiel der Pariser Kultura
Rainer Eppelmann (Berlin): Der Sonderfall DDR- Rolle der Emigration in den Westen für die Opposition im Land
18.30 Uhr Abendessen
20.00 Uhr Filmvorführung und Diskussion
Freitag, 1. April 2011
9.30 Uhr Behandlung des politischen Exils in Museen und Archiven – Beziehungen in den Heimatländern
Open Society Archives, Budapest, Olga Zaslavskaya
Hoover-Archives, Stanford, Zbigniew Stańczyk
10.45 Uhr Kaffeepause
11.15 Uhr Institut für die Erforschung kommunistischer Verbrechen und das Gedenken an das rumänische Exil, Bukarest - Iulia Vladimiro
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Exkursion nach Breslau
15.30 Uhr Besuch der Ossolineum Nationalbibliothek, dort der Sammlungen Jan und Jadwiga Nowak-Jeziorański
19.00 Uhr Gemeinsames Abendessen in Breslau
Samstag, 2. April 2011
9:00 Uhr Buchpräsentation: Erinnerungsorte des Stalinismus in Belarus
Dr. Anna Kaminsky, Stiftung Aufarbeitung
10.00 Uhr Auswertungsrunde und Ideen für ein nächstes Mal
Stand 27.1.2011 / Änderungen vorbehalten