Durch die Fortschritte in der Genetik besteht in zunehmendem Maß die Möglichkeit, genom-basiertes Wissen in die öffentliche Gesundheitsversorgung einzubeziehen. Ziel der Medizin ist es, Krankheiten und Krankheitsneigungen vorauszusagen, präventive Maßnahmen zu etablieren und Therapien zu verbessern. Gegenwärtig ist die Aussagekraft genetischen Wissens jedoch häufig begrenzt, oft gibt es keine präventiven oder therapeutischen Optionen.
In der Praxis wirft die Integration genetischen Wissens in die Gesundheitsversorgung eine Reihe ethischer, sozialer und rechtlicher Fragen auf - z. B. im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Einzelnen für seine Gesundheit, das Verhältnis zwischen Solidargemeinschaft und dem gesunden oder kranken Bürger oder die Arzt-Patienten-Beziehung. Bisherige Grundannahmen wie das Recht des Einzelnen auf „Nichtwissen“ und die Akzeptanz von „Schicksalhaftigkeit“ stehen auf dem Prüfstand.
Die Tagung gibt einen Überblick zum aktuellen Stand der Forschung. Anhand ausgewählter Beispiele aus der Praxis wie Trisomie 21 - Vorgeburtsuntersuchungen per Blutprobe und der genetischen Krebsepidemiologie werden die Herausforderungen einer Gesundheitsversorgung im Zeitalter der genom-basierten Medizin dargestellt.
Ziel der Tagung ist es, die Konsequenzen der Zunahme genetischen Wissens für die Gestaltung des Gesundheitssystems zu diskutieren. Was braucht der kranke und gesunde Bürger für den Umgang mit genom-basierten Informationen und für den Zugang zu diesem Wissen? Welche Anforderungen stellen sich an die Gesundheitsberufe, die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen und die Qualität von Gesundheitsleistungen? Und schließlich: Welchen Stellenwert sollen genom-basierte Diagnostik und Therapie in unserem Gesundheitssystem haben? Welche Prioritäten in der Gesundheitsversorgung entsprechen den gesundheitlichen Versorgungsbedürfnissen der Bevölkerung?
Wir laden Sie herzlich ein, über diese Fragen ins Gespräch zu kommen.
Simone Ehm
Ev. Akademie zu Berlin
Dr. Susanne Faby
Ev. Akademie Sachsen-Anhalt e. V.
Montag, den 26. November 2012
10.00 Uhr Anreise und Anmeldung
11.00 Uhr Begrüßung und Einführung
I Stand der Forschung und rechtliche Grundlagen
11.15 Uhr Genom-basierte Diagnostik und der gläserne Mensch: Fakten und Fiktionen
Prof. Dr. Karl Sperling, ehem. Direktor, Institut für Humangenetik, Charité, Berlin
12.15 Uhr Genetisches Wissen und Recht – zur rechtlichen Situation in Deutschland und in anderen Ländern
Dr. Oliver Tolmein, Kanzlei Menschen und Rechte, Hamburg
13.00 Uhr Mittagspause
II Genom-basiertes Wissen im öffentlichen Gesundheitssystem – Chancen und Grenzen in der Praxis und ihre sozialethischen Implikationen
14.30 Uhr Krebserkrankungen – Möglichkeiten molekulargenetisch ausgerichteter Medizin
Prof. Dr. Thomas Wienker, MPI für Molekulare Genetik, Berlin
15.30 Uhr Trisomie 21 – Vorgeburtsuntersuchung per Blutprobe
Prof. Dr. Stefan Mundlos, Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik, Charité, Berlin
16.30 Uhr Kaffeepause
17.00 Uhr Genetische Epidemiologie häufiger Erkrankungen im Erwachsenenalter
Prof. Dr. med. Henry Völzke, Institut für Community Medicine, Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald
18.00 Uhr Abendessen
19.00 Uhr Prädiktive Diagnostik durch Gentestangebote im Internet
Prof. Dr. Daniela Steinberger, bio.logis Zentrum für Humangenetik, Frankfurt a. M.
Ende gegen 20.30 Uhr
Dienstag, den 27. November 2012
9.00 Uhr Andacht
Thorsten-Marco Kirschner, Pfarrer, Der Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU, Berlin
III Gesundheitsversorgung im Zeitalter der genom-basierten Medizin – ethische und soziale Herausforderungen
9.30 Uhr Welche Auswirkungen hat genom-basiertes Wissen auf unser Verständnis von Gesundheit, Krankheit und Solidarität?
Prof. Dr. Klaus Tanner, Systematische Theologie und Ethik, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
10.30 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Was braucht der kranke und gesunde Bürger für den Umgang mit genom-basierten Informationen und den Zugang zu diesem Wissen?
Prof. Dr. Christoph Rehmann-Sutter, Theorie und Ethik der Biowissenschaften, Institut für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung, Universität Lübeck
12.00 Uhr Anforderungen an die Gesundheitsberufe, die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen und die Qualität von Gesundheitsleistungen
Kurzstatements und anschließende Diskussion:
Prof. Dr. Heidemarie Neitzel, Institut für Humangenetik, Charité, Berlin
13.00 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Genom-basierte Diagnostik und Therapie? Priorisierungsentscheidungen im deutschen Gesundheitssystem
Prof. Dr. Jochen Vollmann, Institut für medizinische Ethik und Geschichte der Medizin, Bochum
anschließende Diskussion
15.30 Uhr Ende der Tagung
Die Ärztekammer Berlin hat die Veranstaltung für die ärztliche Fortbildung mit 14 Punkten zertifiziert.
Die Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen hat die Veranstaltung als Bildungsveranstaltung ist gemäß § 11 Berliner Bildungsurlaubsgesetzes (BiurlG) vom 24.10.1990 für Berliner Arbeitnehmer anerkannt.
Gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.