33 Exkursion – Luisenstadt
Die Luisenstadt - ein gespaltener Stadtteil in Berlin
Mit einer Skizze des architekturvernarrten preussischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV. fing alles an. Er zeichnete in den Plan des Köpenicker Feldes eine hakenförmige Wasserstraße als Lebensader der zum urbanen Stadtteil expandierenden Luisenstadt. Der Luisenstädtische Kanal sollte nicht nur die Bautätigkeit und den Handel fördern, sondern vor allem zur Verschönerung der Residenzstadt Berlin beitragen. Lenné arbeitete die königliche Skizze zu einem umsetzbaren Bebauungsplan für die Luisenstadt aus.
Nach dem Baubeginn 1845 und mit Notstandsarbeiten im Revolutionsjahr 1848 konnte der Kanal 1852 den Betrieb aufnehmen. Mit seinen baumbestandenen Uferpromenaden, Einfassungsmauern, Wasserbecken, Brücken, Schiffsliege- und Marktplätzen wurde er zur Aorta der sich in der Gründerzeit rasant verdichtenden Luisenstadt mit ihrer typischen Mischung von Wohnen und Gewerbe. Noch während sich jedoch vor dem I. Weltkrieg der Oranienplatz als Herz der Luisenstadt mit einer neuen Kanalbrücke und Kandelabern im schönsten Jugendstil herausputzte, begann die wirtschaftliche Bedeutung des Kanals schon wieder zu verlöschen. In den Jahren 1926–32 wurde der Kanal nach Plänen von Barth zu einem muldenförmigen Grünzug umgestaltet, der sich in seiner abwechslungsreichen gärtnerischen Gestaltung - mit dem Engelbecken als Angelpunkt - bei den Luisenstädtern größter Beliebtheit erfreute.
Die schon 1920 erfolgte Aufteilung der Luisenstadt auf die Berliner Bezirke Mitte und Kreuzberg führte nach dem II. Weltkrieg durch Sektorengrenze und Mauerbau zu einer Spaltung des Stadtteils und zum Vergessen des gemeinsamen Lebensraumes. Die evangelische und katholische Kirche nutzten die nach dem Fall der Mauer bestehende Chance einer Reorganisation ihrer Gemeinden schlecht: Zentralisierungsentscheidungen führten zu einer Verödung der Seelsorge. Der 1991 gegründete Bürgerverein Luisenstadt erreichte zusammen mit der Gartendenkmalpflege und dem Bezirk Mitte die Wiederherstellung des unter dem Mauerstreifen verborgenen bogenförmigen Kanalabschnitts als Grünzug. Das Engelbecken wurde unter lebhafter Beteiligung der Bevölkerung als Wasserfläche rekonstruiert. Die nicht unberechtigte Angst der Kreuzberger Szene vor der Gentrifizierung ihres Kiezes verhindert jedoch aktuell die denkmalgerechte Herrichtung auch des Kreuzberger Teils des Grünzugs.
Klaus Duntze initiierte als Kreuzberger Pfarrer 1977 die ’Strategien für Kreuzberg’, durch die die behutsame Stadterneuerung vorgezeichnet wurde, und moderierte als Leiter des Stadtteilausschusses SO 36 die aus der Stadtsanierung entstehenden gesellschaftlichen Konflikte. Als Mitgründer des Bürgervereins Luisenstadt engagiert er sich nach dem Motto ’Ohne Gegenwart der Vergangenheit keine Zukunft’ für die identitätsstiftende Erweckung der Luisenstadt. Damit zusammenwächst, was zusammen gehört.
Dr. Rüdiger Sachau
Evangelische Akademie zu Berlin
Hans Tödtmann
Arbeitskreis Stadtpolitik
Mittwoch, den 26. September 2012
16.00 Uhr Treffpunkt in Berlin-Mitte am Michaelkirchplatz:
Plattform über dem Café am Engelbecken
Bus 147 Hauptbahnhof – Ostbahnhof (20-Minutentakt),
Haltestelle Heinrich-Heine-Platz oder
U 8 Haltestelle Moritzplatz bzw. Heinrich-Heine-Str.
mit je 10 Minuten Fußweg
Spaziergang entlang des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals
mit
Dr. Klaus Duntze, Bürgerverein Luisenstadt
Immergrüner Garten
Waldpflanzengarten
Blütensträuchergarten
Schillingbrücke
St. Thomas
Mariannenplatz
Bethanien
St. Michael
Exerzierhaus
Engelbecken
Rosengarten
Waldemarbrücke
Oranienplatz
18.30 Uhr Café am Engelbecken
Bilddokumentation und Diskussion
Gelegenheit zum Imbiss
20.00 Uhr Ende der Veranstaltung