Über Personen sind Parteien zu identifizieren. Und doch sind ihre Programme mehr als ideologische Folklore oder Produkte zeitraubender Abstimmungsreigen auf Parteitagen. Sie dienen Mitgliedern als Selbstvergewisserung und Wählern sollen sie Orientierung bieten: Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit, heißt es in Artikel 21 des Grundgesetzes. Doch die politischen Ziele und inhaltlichen Vorgaben der Parteien sollen immer lockerer daherkommen, gefällig und bekömmlich. Strittig sind sie häufig nicht mehr. Ist daraus zu schließen, dass die Parteien in Deutschland einander immer ähnlicher werden? Wir prüfen, inwieweit programmatische Veränderungen erkennbar oder Annäherungen gewünscht sind – oder ob politische Programme nicht vielmehr notwendigerweise einer gewandelten Lebenswirklichkeit angepasst werden.
Auf der Tagung legen erfahrene und selbstkritische Parteipolitiker, versierte Journalisten und profilierte Wissenschaftler die ideologischen Wurzeln und programmatischen Fundamente der fünf bedeutenden politischen Kräfte in der Bundesrepublik frei. Woraus speisen die Parteien bis heute ihre Grundannahmen, tragen katholische Soziallehre oder protestantische Ethik Früchte? Wie lebt das Ideal einer Symbiose von Demokratie und Sozialismus heute fort? Nicht zuletzt unterziehen wir die neuen Bewegungen einer Prüfung – inwieweit bringen sie Dynamik in eine erstarrte Welt, regen sie die politische Kommunikation an oder die politischen Mitbewerber nur auf? Welchen Werten sind sie verhaftet, generieren sie mehr als kurzlebige Tweets?
Gemeinsam ergründen wir, welchen Wertorientierungen die Politik in Deutschland in den letzten Jahren gefolgt ist und was für Tendenzen sich für die Zukunft abzeichnen. Werden politische Entscheidungen dominieren, die allein pragmatisch oder strategisch motiviert sind? Oder erfahren traditionelle Markenkerne der Parteien einen Relaunch, erstrahlt das vielzitierte Tafelsilber mit neuer Politur?
Mit uns diese Fragen zu klären – dazu lade ich Sie herzlich nach Schwanenwerder ein.
Dr. Jacqueline Boysen
Evangelische Akademie zu Berlin
Freitag, 1. Juni 2012
17.15 Uhr Ankunft und Einchecken
18.15 Uhr Begrüßung und Vorstellung
Dr. Jacqueline Boysen
18.30 Uhr Kleiner Imbiss
19.00 Uhr Einführung
Nicht aus dem Nichts erwachsen – politische Wertorientierung in der Bundesrepublik.
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Heinrich Oberreuter, Passau
anschließende Diskussion, Moderation: Dr. Jacqueline Boysen
20.30 Uhr Reise ins politische Niemandsland.
Lieder von und mit Thorsten Hild, Berlin
21.30 Uhr Gespräch mit dem Liedermacher
22.00 Uhr Ausklang bei einem Glas Wein
Samstag, 2. Juni 2012
ab 7.30 Uhr Frühstück (für Übernachtungsgäste)
09.00 Uhr Morgenandacht
09.15 Uhr Bürgerliches Tafelsilber? Konservative und liberale Werte
Katholische Soziallehre und protestantische Ethik – woraus speist sich die Union?
Karl Feldmeyer, ehem. Korrespondent der FAZ, Berlin
Distanz und Nähe – die Liberalen und der Staat. Eine persönliche Erfahrung.
Dr. Irmgard Schwaetzer, FDP Berlin
11.15 Uhr Kaffeepause
11.30 Uhr Den Turnschuhen entwachsen: Bündnisgrüne
Petra Kelly und die Gründung der Grünen – mit Protestpolitik auf dem Weg zur Volkspartei.
Dr. Saskia Richter, Politikwissenschaftlerin, Zeppelin-University Friedrichshafen
13.00 Uhr Mittagessen
15.00 Uhr Welche Signale hören die Völker?
Ist Opposition Mist? Die SPD seit 2009 – und ihr historischer Gencode.
Dr. Daniel Friedrich Sturm, Die Welt, Berlin
anschließend Fragen und Diskussion
16.15 Uhr Kaffeepause
16.45 Uhr Antikapitalismus, demokratischer Sozialismus, Protest?
Der kritische Blick eines Überzeugten.
Dr. Thomas Falkner, DIE LINKE Brandenburg, Potsdam
anschließend Fragen und Diskussion
17.45 Uhr Bilanz und Ausblick
Wieviel Bewegung bringen neue Bewegungen in das Parteiensystem?
Dr. Leonard Novy, Politikwissenschaftler, Berlin
anschließend Fragen und Schlussrunde
19.00 Uhr Abendessen und Ausklang der Tagung
21.00 Uhr Ende der Veranstaltung
Gefördert durch die Bundeszentrale für politische Bildung.
Beantragt auf Anerkennung als Bildungsurlaub beim Senat für Arbeit, Integration und Frauen.