Im jenseits der Weißen Elster gelegenen Leipziger Westen entstanden etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Stadtteile Plagwitz als Gewerbeschwerpunkt und Lindenau als Arbeiterwohnort. Noch vor der Jahrhundertwende entwickelte sich Plagwitz zu einem der führenden Industriestandorte Sachsens mit einer Vielzahl verschiedenster Gewerbegebäude und Industrieanlagen, mit einer bemerkenswerten Infrastruktur, mit Verkehrsanbindungen über Straße, Schiene und Wasser und mit qualitätsvollem Wohnungsbau.
1888 vollendete die noch junge Kirchengemeinde Plagwitz ihren ersten Kirchenbau. 2012 wird sich die Gemeinde von einer ihrer beiden Kirchen trennen. Sie ist von ihrer Größe und ihrer finanziellen Situation her nicht in der Lage, die Philippuskirche weiter zu halten. Der zukünftige Betreiber wird uns vor Ort das Konzept zur Umnutzung des Areals erläutern.
Im 2. Weltkrieg blieb Plagwitz nicht von Kriegseinwirkungen verschont. Ab 1946 wurden die Großbetriebe in Volkseigentum überführt. Der Industrie-, nicht der Wohnstandort sollte erhalten bleiben, obwohl doch gerade diese Nähe von Arbeiten und Wohnen den hohen Wert des Gebietes ausmacht. 1984 war der Stadtteil partiell ‘leergewohnt‘. 1989 arbeiteten in Plagwitz noch 18.000 Menschen in über 800 Betrieben, davon 40 Großbetrieben. Das brach nach 1990 alles weg. In Folge der über Jahrzehnte vernachlässigten Erhaltung wurde Plagwitz der Leipziger Stadtteil mit dem schlechtesten Image. Die Einwohnerzahl fiel von 11.340 (1989) auf den Tiefstand von kaum 8.000 (1998).
1994 wird nach Beginn der Städtebauförderung ein Konzept verabschiedet, das Plagwitz zum Standort für innovatives Gewerbe und arbeitsplatznahes Wohnen bestimmt. Seit 2003 gehört Plagwitz zum Arbeitsbereich des Quartiersmanagements Leipziger Westen. Mit den Umbrüchen Anfang der 90er Jahre ging ein Teil der alten Substanz und Inhalte verloren. Die alte Substanz wird instand gesetzt, wenn nötig saniert und neu genutzt. Es gibt sogar Neubau an Gewerbe- und Wohnstandorten. Innovation, Dynamik, Kreativität, sprühende Aktivität – das Gebiet nimmt einen ungeahnten Aufschwung. Heute ist die Einwohnerzahl auf 12.757 gestiegen - und nimmt weiter zu.
Vorzeigebeispiel für diese Entwicklung ist die ‘Alte Spinnerei‘. 1989 mit 1.650 Beschäftigten noch voll in Betrieb, wurde die Leipziger Baumwollspinnerei ab 1993 ‘abgewickelt‘. Schon in den 90er Jahren hatten sich dort Künstler eingemietet, unter ihnen Neo Rauch, weltbekannter und höchstdotierter Maler. Inzwischen haben sich auf dem Gelände in 20 sehr gut erhaltenen Ziegelgebäuden über 100 ‘Kreative‘ und Gewerbetreibende Ateliers und Werkstätten eingerichtet. Ein reges Kunst- und Kulturleben entwickelt sich. Wir können uns davon überzeugen, dass Plagwitz wieder ein begehrter Ort zum Arbeiten und Leben ist mit hohem Potential für die zukünftige Entwicklung.
Zum Ausklang unserer Exkursion in den Leipziger Westen wird uns der Historiker und Bürgerrechtler Rainer Müller Projekte im zwischenzeitlich ebenfalls vom Leerstand geprägten traditionellen Arbeiterviertel Lindenau vorstellen und uns zum Gespräch zur Verfügung stehen.
Wir laden Sie dazu herzlich ein!
Dr. Rüdiger Sachau
Evangelische Akademie zu Berlin
Helga Wetzel
Arbeitskreis Stadtpolitik
Samstag, den 2. Juni 2012
Hinreise nach Leipzig
RE 5 Nr. 4353 Richtung Wittenberg
(Treffpunkt in den ersten beiden Wagen)
7.16 Uhr Abfahrt Berlin Hauptbahnhof tief, Gleis 4
7.19 Uhr Abfahrt Berlin Potsdamer Platz
7.25 Uhr Abfahrt Berlin Südkreuz
8.29 Uhr Ankunft Wittenberg, Gleis 1
8.45 Uhr Abfahrt Wittenberg, Gleis 4
9.49 Uhr Ankunft Leipzig Hauptbahnhof
10.18 Uhr Abfahrt Straßenbahn 14 nach Plagwitz, Gleis 4 vor dem Hauptbahnhof bis Haltestelle
Karl-Heine-/ Merseburger Straße
10.40 Uhr Rundgang durch Leipzig-Plagwitz
Heiko Müller, Quartiersmanagement Leipziger Westen
12.30 Uhr Mittagspause
Cafe/Restaurant in der „Alten Spinnerei“
14.00 Uhr Führung in der „Alten Spinnerei“
Michael Ludwig, Leiter der Information „Alte Spinnerei“
15.45 Uhr Umnutzung des Areals Philippuskirche
Vorstellung der Konzeption und Diskussion
Wolfgang Menz, Berufsbildungswerk Leipzig
16.45 Uhr Geschichte und Geschichten von Lindenau
Vorstellung von Projekten und Gespräch
Rainer Müller, Historiker und Bürgerrechtler, Lindenauer Stadtteilverein e.V.
Abendimbiss
Rückreise nach Berlin
19.24 Uhr Straßenbahn 14 zum Hauptbahnhof
20.11 Uhr Abfahrt Leipzig Hauptbahnhof, Gleis 13
21.15 Uhr Ankunft Wittenberg, Gleis 4
21.26 Uhr Abfahrt Wittenberg, Gleis 1
22.48 Uhr Ankunft Berlin Hauptbahnhof tief