„Man mag in den Rosengärten persischer mystischer Dichter verweilen oder versuchen, die eisigen Gipfel theosophischer Spekulation zu erklimmen; man mag in den Niederungen volkstümlicher Heiligenverehrung bleiben oder sein Kamel durch die endlosen Wüsten theoretischer Abhandlungen über die Natur des Sufismus, das Wesen Gottes und der Welt treiben; oder man mag sich mit einem Blick über die Landschaft begnügen, die Schönheit der höchsten Gipfel genießen, die am frühen Morgen im Sonnenlicht gebadet oder durch einen violetten Dunst eines kühlen Abends getönt sind. Jedenfalls werden nur wenige Erwählte den entferntesten Berg erklimmen, auf dem der mythische Vogel Simurgh lebt - um dann zu begreifen, dass sie nur das erreicht haben, was in ihnen selbst lag.“
A. Schimmel, Mystische Dimensionen des Islam, München 1992, S. 7.
Mystik und Spiritualität gehören zu den inneren Aspekten jeder Art von Religion. Die islamische Mystik ist eines der wichtigsten Elemente der islamischen Kultur und Geschichte. Der Sufismus, wie die islamische Mystik im Westen oft bezeichnet wird, gehört mit zu den kreativsten Erscheinungen islamischer Religiosität. Er ist im weitesten Sinne die Suche nach Gott mit dem Ziel, Gott als eine letzte Wirklichkeit zu erfahren.
Ich lade Sie herzlich ein, sich von Frau Dr. Fateme Rahmati in den Islam einführen zu lassen und die spirituelle Welt der Mystik im Islam zu entdecken. Frau Dr. Rahmati hat Islamische Philosophie an der Shahid-Motahhari Universität in Teheran studiert und danach Vergleichende Religionswissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, wo sie mit einer Arbeit über die Mystik Ibn Arabis promoviert wurde.
Wir werden Miniaturen betrachten, um zu sehen, wie Künstler ihre Spiritualität in Bildern dargestellt und so ihre Sehnsucht nach Gott zum Ausdruck gebracht haben.
Und wir werden durch Lektüre und Kommentierung ausgewählter Schriften in die Gedankenwelt von Meister Eckhart (1260-1328) und Ibn Arabi (1165-1240) eintauchen, um zu entdecken, wie Meister Eckhart und Ibn Arabi sich gedanklich oft so nah sind, dass die Unterschiede ihrer Traditionen - trotz scheinbar gegensätzlicher Ergebnisse - fast verblassen.
Die Wahrnehmung der „inneren Botschaft“ des Islams und des Christentums kann das Verbindende der Religionen erkennbar machen.
Mystik ist zu allen Zeiten und Orten die gleiche. Zeitlos, geschichtslos, ist sie immer mit sich selber gleich. Ost und West und andere Unterschiede verschwinden. „Ob die Blume der Mystik erblühe in Indien oder in China, in Persien oder am Rhein und in Erfurt, ihre Frucht sei immer ein und dieselbe.“ Rudolf Otto, West-Östliche Mystik, München 1926, S. 1.
Dr. Erika Godel
Ev. Akademie zu Berlin
Donnerstag, den 24. Mai 2012
Ab 10.30 Uhr Anmeldung
Dr. Fateme Rahmati, Bonn
11.00 Uhr Einführung in den Islam
Religion und Kultur
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Einführung in die islamische Mystik
15.00 Uhr Die Darstellung der Mystik
und Spiritualität in der Kunst
15.45 Uhr Das Bild des Menschen
in der christlichen und islamischen Mystik
am Beispiel von Meister Eckhart und Ibn Arabi
Ende gegen 17.00 Uhr