„Gott, mach, dass Darwin nicht Recht hat, und wenn doch, dann lass es keinen erfahren.“ Dieser angebliche Stoßseufzer eines Pfarrers steht ebenso wie der Konflikt um Galileo Galilei für den Konflikt von Gottesglauben und Naturwissenschaften. Aber warum sind die Naturwissenschaften so bedrohlich für den christlichen Glauben? Noch für Newton war Gott eine naturwissenschaftliche Prämisse, und im Barock krochen Pfarrherren auf dem Bauch durch ihren Garten, um in den Details der Natur die Schönheit der Schöpfung zu entdecken. Die „Vogelpfarrer“ des 19. und 20. Jahrhunderts sind eine späte Reminiszenz an solche fruchtbaren Beziehungen von Naturwissenschaft und Religion. Heute dagegen betreiben Pfarrer kaum mehr Biologie, und wenn sich Biologen zu religiösen Fragen äußern, dann häufig wie der britische Evolutionstheoretiker Richard Dawkins in einem scheinbar aufklärerischen Feldzug gegen Religion überhaupt. Aber führt die naturwissenschaftliche Welterkenntnis weg vom Glauben und hin zum Atheismus? Oder ist es mehr eine Frage unterschiedlicher Plausibilitäten? Die Frage nach dem Verhältnis von Glauben und Wissen wurde in der Christentumsgeschichte bereits von den Kirchenvätern problematisiert, wenn sie wieder aktuell ist, müssen wir unsere Antworten heute neu finden und formulieren.
An vier Abenden diskutieren wir die Frage, wie man Gott glauben kann, ohne seinen Verstand aufgeben oder naturwissenschaftlichen Erkenntnissen ausweichen zu müssen. Wir fragen, warum Atheismus und Agnostizismus überhaupt behaupten können, logischer zu sein als das Vertrauen auf einen gnädigen Gott. Und wir wollen erproben, wie Theologie und Kirche, aber auch wir alle, weiterhin vernünftig vom Gott des christlichen Glaubens sprechen können. Angesprochen sind diejenigen, die wissen wollen, ob der christliche Glaube angesichts der Aufklärung und des naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts redlich vertretbar ist.
Dr. Rüdiger Sachau
Evangelische Akademie zu Berlin
Dr. Thorsten Moos
Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. , Heidelberg
Weitere Termine: 8., 15. Und 22. November 2012
Gott glauben?
Wenn Theologie auf Wirklichkeit trifft
Donnerstag, 22. November 2012, 18-21 Uhr
Von Gott zu sprechen, war zu allen Zeiten gewagt. Sogar den Urchristen war die Rede von Gott bisweilen peinlich (1. Kor 1-2). Und auch in der naturwissenschaftlich-technisch geprägten Gegenwart, die zugleich einen Bedeutungsverlust der großen Kirchen zu verzeichnen hat, scheint es schwierig zu sein. Wir befragen eine Theologin und zwei Theologen unterschiedlicher Richtungen, wie sie heute von Gott sprechen können. Was davon ist (noch) verständlich, was plausibel? Und wie sollten sich Theologie und Kirche angesichts des Transformationsprozesses des Religiösen verhalten, den Soziologen in unserer Gesellschaft feststellen? In Diskussion und Gespräch konfrontieren wir theologische Sprach- und Theoriewelten mit eigenen Welt- und Lebenserfahrungen.
Kurzvorträge und Diskussion:
Dr. Erika Godel, Berlin
Prof. Dr. Wolf Krötke, Berlin
Prof. Dr. Notger Slenczka, Berlin
Erika Godel (geb. 1948 in Eschwege) ist Studienleiterin für interreligiösen und interkulturellen Dialog an der Evangelischen Akademie zu Berlin. Nach dem Studium der Theologie in Bethel, Marburg und Berlin wurde sie Pfarrerin in Berlin. Sie promovierte an der Universität Hamburg, war Superintendentin für den Kirchenkreis Wedding und Pfarrerin für den ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin. Godel hat sich in Tagungen und Publikationen mit Fragen der feministischen Theologie und des Gottesbildes auseinandergesetzt. www.eaberlin.de
Wolf Krötke: s.o.
Notger Slenczka (geb. 1960 in Heidelberg) ist Professor für Systematische Theologie / Dogmatik an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. Er studierte Theologie in Tübingen, München und Göttingen, wo er auch promoviert wurde und habilitierte. 2000 wurde er Professor für Syst. Theologie und Sozialethik an der Ev.-Theol. Fakultät der Universität Mainz und wurde 2006 nach Berlin berufen. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Fragen des Gottesverständnisses, der Vernunft und der Erfahrung. zope.theologie.hu-berlin.de/st/personal/slenczka