Der "kommunikativen Freiheit" Raum geben, dazu hat Prof. Dr. Wolfgang Huber aufgefordert. Der theologische Lehrer, später Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland und Berliner Bischof, wollte damit nicht nur die wissenschaftliche evangelische Theologie und die Kirche, sondern auch die nicht-theologischen Wissenschaften sowie alle verantwortungsbewussten und sich aktiv um den Frieden der Welt und die Zukunft der Erde bemühenden Menschen erreichen. Diese Freiheit entwickele sich „in der Solidarität …, nicht in der Konkurrenz“. Freiheit ist eine „Bewegung, sie umfasst den Abschied vom Verfügen und den Aufbruch zum Leben.“ (Jetzt neu in: Wolfgang Huber, Von der Freiheit. Perspektiven für eine solidarische Welt, München, C.H.Beck 2012 S. 157)
In der reformatorischen Theologie macht Huber den Impuls aus, Freiheit in dieser Weise als kommunikative und als kommunikable Freiheit zu verstehen. Schon vor 25 Jahren hat er darauf hingewiesen, was heute wiederholt werden könnte: „Ökologiebewegung und Friedensbewegung, Frauenbewegung und viele andere Initiativen haben angefangen, in einer neuen Weise Freiheit und Solidarität zusammen zu sehen. Sie fragen nach der Verbindlichkeit von Grundsätzen der persönlichen Lebensführung für den öffentlichen Bereich. Sie suchen nach einer neuen Form des wirtschaftenden Umgangs mit der Natur, der diese nicht ausbeutet, sondern bewahrt und gerade so das den Menschen Lebensnotwendige zur Verfügung stellt. Sie orientieren sich an der Aufgabe des Friedens und verstehen darunter nicht nur die Abwesenheit von Krieg im eigenen Land, sondern das Gelingen gemeinsamen Lebens über Grenzen hinweg. Sie widersprechen dem Ethos der wissenschaftlich-technischen Welt, das alle wissenschaftlich erforschten Möglichkeiten technisch verwirklicht und industriell nutzt; sie fordern, diejenigen wissenschaftlich-technischen Entwicklungen auszuwählen, die auf Dauer lebenserhaltend und lebensfördernd sein könnten. Sie versuchen, unseren Reichtum mit den Augen der Ärmsten zu sehen, und zu einer Umverteilung der Ressourcen auf der einen Erde beizutragen.“ (Wolfgang Huber, Theologie der Befreiung. Ein Anstoß Martin Luthers, in: ders., Protestantismus und Protest, Reinbek 1987, S. 67 f.)
Der 70. Geburtstag Wolfgang Hubers fordert dazu heraus, seine Texte zur kommunikativen Freiheit im Zusammenhang zu lesen und sie interdisziplinär zu diskutieren. Das Maß ihrer Inspiration wird sich im Blick der Vertreterinnen und Vertreter anderer Denkschulen im Diskurs erweisen müssen. Denn er hat den Impuls aus den achtziger Jahren in Texten weitergeführt, die demnächst in zwei Buchveröffentlichungen erstmalig zusammenhängend zugänglich sein werden. Zu Ehren des Jubilars und im Interesse einer im interdisziplinären Diskurs sich entwickelnden Theologie loten wir die Relevanz seiner Überlegungen für uns heute aus.
Prof. Dr. Helga Kuhlmann
Systematische Theologie und Ökumene am Institut für Evangelische Theologie / Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften, Universität Paderborn
Dr. Rüdiger Sachau
Evangelische Akademie zu Berlin
Freitag, 17. August 2012
15.00 Uhr Anreise nach Schwanenwerder
Kaffee
15.30 Uhr Begrüßung
Dr. Rüdiger Sachau
Einführung in die Tagung
Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, München
I. Kommunikative Freiheit im 21. Jahrhundert aus interdisziplinärer Perspektive
Sitzungsleitung und Moderation: Prof. Dr. Paul Nolte, Neuere Geschichte/Zeitgeschichte, Freie Universität Berlin, Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin
16.00 Uhr Der Beitrag der Religion zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft
Beobachtungen und Fragen eines Politikwissenschaftlers
Prof. Dr. Fred R. Dallmayr, Department of Political Science, University of Notre Dame, USA
16.45 Uhr Response auf Fred R. Dallmayr
Prof. Dr. Ulrike Link-Wieczorek, Systematische Theologie am Institut für Evangelische Theologie, Universität Oldenburg
17.00 Uhr Diskussion
18.00 Uhr Abendessen
Ab 19.00 Uhr Büchertisch vom Buchladen St. Nikolai
19.30 Uhr Die Öffentlichkeit des Glaubens
Beobachtungen und Fragen eines Praktischen Philosophen
Prof. Dr. Volker Gerhardt, Institut für Philosophie / Praktische Philosophie, Rechts- und Sozialphilosophie, Humboldt-Universität zu Berlin
20.15 Uhr Response auf Volker Gerhardt
Prof. Dr. Klaus von Stosch, Fundamentaltheologie und Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie, Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften,
Universität Paderborn
20.30 Uhr Diskussion
Samstag, 18. August 2012
9.00 Uhr Andacht
9.30 Uhr Wolfgang Hubers „kommunikative Freiheit" und die Freiheitskonzeptionen der Sozialtheorie
Prof. Dr. Hans Joas, Freiburg Institute for Advanced Studies / Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien, Universität Erfurt
10.15 Uhr Response auf Hans Joas
Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Systematische Theologie am Institut für Evangelische Theologie, Universität Augsburg
10.30 Uhr Diskussion
11.00 Uhr Pause
11.30 Uhr Kommunikative Freiheit im interdisziplinären Gespräch
Prof. Dr. Fred Dallmayr
Prof. Dr. Volker Gerhardt
Prof. Dr. Hans Joas
Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Huber
13.00 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Kaffee
II. Kommunikative Freiheit aus theologischer Perspektive
Moderation: Dr. Rüdiger Sachau
15.00 Uhr Kommunikative Freiheit und Sexualität
Prof. Dr. Saskia Wendel, Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der Philosophischen Fakultät, Universität zu Köln
Diskussion
16.00 Uhr Rechtsordnung und kommunikative Freiheit
Prof. Dr. Michael Moxter, Systematische Theologie am Fachbereich Evangelische Theologie, Universität Hamburg
Diskussion
17.00 Uhr Pause
17.30 Uhr Kommunikative Freiheit und Beteiligung an Bildung
Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins, Institut für Christliche Sozialwissenschaft, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Diskussion
19.30 Uhr Festlicher Abend
Sonntag, 19. August 2012
9.30 Uhr Gottesdienst
Predigt: Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford- Strohm, München
10.30 Uhr Pause
III. Fazit und Ausblick: Das Potenzial einer Perspektive kommunikativer Freiheit für eine zukunftsfähige Gesellschaft
Sitzungsleitung und Moderation: Prof. Dr. Dres. h.c. Christoph Markschies, Ältere Kirchengeschichte
(Patristik), Humboldt-Universität zu Berlin
11.00 Uhr Kommunikative Freiheit
Impulsvoten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern und Gespräch mit Wolfgang Huber
12.30 Uhr Dank und Verabschiedung
13.00 Uhr Mittagessen
Gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung
Literaturhinweis
Wolfgang Huber: Von der Freiheit. Perspektiven für eine solidarische Welt, München, C.H.Beck 2012